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00-Vorwort
01-Schlachtfeld von Kuruksetra
02-Inhalt der Gita
03-Karma Yoga
04-Transzentrales Wissen
05 Karma yoga - Handeln im Krsna-Bewusstsein
06-Dhyana-yoga
07-Wissen vom Absoluten
08-Wie man den Höchsten erreicht
09- Das vertraulichste Wissen
10-Die Füllen des Absoluten
11- Die universale Form
12- Hingebungsvoller Dienst
13- Natur, Genießer und Bewusstsein
14-Die drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur
15-Der yoga der Höchsten Person
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Bhagavad-gita : 00-Vorwort
BHAGAVAD-GITA
wie sie ist
Ausgabe von 1983

mit lateinischen Transliterationen, deutschen Synonymen,

Übersetzungen und ausführlichen Erläuterungen

His Divine Grace A. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada

http://www.prabhupada.de/bg/Prabhupada%20-%20Bhagavad-gita%20Wie%20Sie%20Ist.pdf

INHALT

VORWORT EINLEITUNG ERSTES KAPITELArjuna beobachtet die Heere auf dem Schlachtfeld von Kuruksetra

ZWEITES KAPITEL Inhalt der Gita zusammengefaßt
DRITTES KAPITEL
Karma-yoga
VIERTES KAPITEL
Transzendentales Wissen
FÜNFTES KAPITEL
Karma-yoga - Handeln im Krsna-Bewußtsein
SECHSTES KAPITEL
Dhyana-yoga
SIEBTES KAPITEL
Wissen vom Absoluten ACHTES KAPITEL
Wie man den Höchsten erreichtNEUNTES KAPITEL
Das vertraulichste WissenZEHNTES KAPITEL
Die Füllen des Absoluten
ELFTES KAPITEL
Die universale Form
ZWÖLFTES KAPITEL
Hingebungsvoller Dienst
DREIZEHNTES KAPITEL
Natur, Genießer und Bewußtsein
VIERZEHNTES KAPITEL
Die drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur
FÜNFZEHNTES KAPITEL
Der yoga der Höchsten Person
SECHZEHNTES KAPITEL
Die göttlichen und die dämonischen Naturen
SIEBZEHNTES KAPITEL
Die verschiedenen Arten des Glaubens
ACHTZEHNTES KAPITEL

Schlußfolgerung - die Vollkommenheit der Entsagung

ANHANG
Der Autor
Quellennachweis
Erklärung der wichtigsten Sanskritwörter
Anleitung zur Aussprache des Sanskrit
Abkürzungen
BHAGAVAD-GITA
wie sie ist
EINLEITUNG

Die Bhagavad-Gita ist auch als Gitopanisad bekannt. Sie ist

die Essenz des vedischen Wissens und eine der wichtigsten

der zahlreichen Upanisaden in der vedischen Literatur. Es

gibt natürlich im Englischen viele Kommentare zur
Bhagavad-Gita. Die Notwendigkeit eines weiteren

englischen Kommentars zur Bhagavad-Gita läßt sich wie

folgt erklären: Eine Amerikanerin bat mich, ihr eine

englische Ausgabe der Bhagavad-Gita zu empfehlen, die sie

lesen könne. Natürlich gibt es in Amerika viele englische

Ausgaben der Bhagavad-Gita, doch von keiner, die ich -

nicht nur in Amerika, sondern auch in Indien - bisher

gesehen habe, kann man strenggenommen sagen, sie sei

autoritativ; denn in fast jeder hat der Verfasser in seinem

Kommentar seine persönliche Meinung zum Ausdruck

gebracht, ohne dabei dem Geist der Bhagavad-Gita, wie sie

ist, auch nur annähernd gerecht zu werden.

Der wahre Geist der Bhagavad-Gita wird in der Bhagavad-Gita

selbst deutlich. Dies mag ein Beispiel erläutern: Wenn

wir ein bestimmtes Medikament einnehmen wollen, müssen

wir den Anweisungen folgen, die auf dem Etikett stehen.

Wir können die Arznei nicht nach unserem Gutdünken oder

nach den Ratschlägen eines Freundes einnehmen, sondern

müssen den Anweisungen auf dem Etikett der Flasche oder

der Verordnung eines Arztes folgen. In ähnlicher Weise

sollte die Bhagavad-Gita so studiert oder akzeptiert werden,

wie es ihr Sprecher selbst bestimmt. Der Sprecher der

Bhagavad-Gita ist Sri Krsna. Er wird auf jeder Seite der

Bhagavad-Gita als Bhagavan oder die Höchste

Persönlichkeit Gottes bezeichnet. Natürlich bezieht sich das

Wort Bhagavan manchmal auf irgendeine mächtige Person

oder einen beliebigen mächtigen Halbgott; hier bezeichnet

es ohne Zweifel Sri Krsna als eine große Persönlichkeit,

doch sollten wir zugleich auch wissen, dass Sri Krsna die

Höchste Persönlichkeit Gottes ist, was von allen großen

acaryas (spirituellen Meistern) wie Sankaracarya,

Ramanujacarya, Madhvacarya, Nimbarka Svami und Sri

Caitanya Mahaprabhu sowie vielen anderen bestätigt wird.

In Indien gab es viele maßgebliche Gelehrte und acaryas,

das heißt Autoritäten des vedischen Wissens, und sie alle,

sogar Saäkaracarya, haben Sri Krsna als die Höchste

Persönlichkeit Gottes anerkannt. Auch der Herr Selbst hat

Sich in der Bhagavad-Gita als die Höchste Persönlichkeit

Gottes erklärt und wird als solche in der Brahma-saàhita

und allen Puranas - besonders im Bhagavata Purana

(Krsna tu bhagavan svayam) - anerkannt. Wir sollten daher

die Bhagavad-Gita so annehmen, wie es die Persönlichkeit

Gottes Selbst vorschreibt.

Im Vierten Kapitel der Bhagavad-Gita sagt der Herr:

Der Herr teilt hier Arjuna mit: "Dieses yoga-System, die

Bhagavad-Gita, verkündete Ich zunächst dem Sonnengott,

und der Sonnengott erklärte es Manu. Manu erklärte es

Iksvaku, und so wurde dieses yoga-System auf dem Weg

der Schülernachfolge, durch einen Sprecher nach dem

anderen, überliefert, doch ist es jetzt durch den Einßuß der

Zeit verlorengegangen. Deshalb verkünde Ich dir erneut das

gleiche alte yoga-System der Bhagavad-Gita, denn du bist

Mein Geweihter und Mein Freund, und daher ist es dir

allein möglich, es zu verstehen."

Diesen Worten kann man entnehmen, dass die Bhagavad-Gita

eine Abhandlung ist, die vor allem für den Geweihten

des Herrn bestimmt ist. Es gibt drei Arten von

Transzendentalisten: den jÒanÖ, den - yogÖ und den bhakta,

das heißt den Unpersönlichkeitsphilosophen, den

Meditierenden und den Gottgeweihten. Der Herr sagt hier

zu Arjuna: "Ich mache dich zum ersten Empfänger einer

neuen parampara, denn die alte parampara oder

Schülernachfolge ist jetzt unterbrochen, und daher möchte

Ich eine weitere parampara im Sinne derjenigen gründen,

die vom Sonnengott herabgekommen war. Nimm du dieses

Wissen entgegen, und reiche es weiter. Möge das yoga-

System der Bhagavad-Gita jetzt durch dich weitergegeben

werden. Werde du die Autorität im Verstehen der

Bhagavad-Gita." Hier wird deutlich, dass die Bhagavad-Gita

Arjuna vor allem deshalb verkündet wurde, weil er ein

Geweihter des Herrn war, ein unmittelbarer Schüler Krsnas,

und darüber hinaus eine enge Beziehung zu Krsna als

Freund hatte. Die Bhagavad-Gita kann daher von jemand

verstanden werden, der ähnliche Eigenschaften wie Arjuna

hat, das heißt, er muss ein Gottgeweihter sein und zum

Herrn eine direkte Beziehung haben. Sobald man ein

Geweihter des Herrn wird, hat man eine unmittelbare

Beziehung zum Herrn. Dieses Thema ist sehr umfangreich,

doch zusammenfassend kann man sagen, dass es fünf Arten

der Beziehung eines Gottgeweihten zur Höchsten

Persönlichkeit Gottes gibt: (1) Der Geweihte kann eine

passive Beziehung haben; (2) er kann eine aktive

Beziehung haben; (3) er kann eine Beziehung als Freund

haben; (4) er kann eine Beziehung als Vater oder Mutter

haben, und (5) er kann eine Beziehung als vertraute

Geliebte haben. Arjuna war ein Gottgeweihter, der zum

Herrn die Beziehung eines Freundes hatte. Der Herr kann

also unser Freund werden, doch besteht zwischen dieser Art

von Freundschaft und der Vorstellung von Freundschaft,

die wir in der materiellen Welt haben, ein gewaltiger

Unterschied. Wir sprechen hier von transzendentaler

Freundschaft, und es ist nicht so, dass jeder diese Beziehung

haben kann. Jeder hat eine bestimmte Beziehung zum

Herrn, und diese bestimmte Beziehung wird wiederbelebt,

wenn man im hingebungsvollen Dienst die
Vollkommenheit erreicht. In unserem gegenwärtigen

Zustand haben wir nicht nur den Herrn vergessen, sondern

auch unsere ewige Beziehung zu Ihm. Jedes einzelne der

Millionen und Abermillionen von Lebewesen hat ewig eine

bestimmte Beziehung zum Herrn, die man als svaRupa

bezeichnet. Durch den Vorgang des hingebungsvollen

Dienstes kann man diese svaRupa wiederbeleben, und diese

Stufe wird svaRupasiddhi oder die Vollkommenheit der

wesensgemäßen Stellung genannt. Arjuna war also ein

Gottgeweihter und mit dem Höchsten Herrn durch
Freundschaft verbunden.
Man sollte beachten, in welcher Weise Arjuna die
Bhagavad-Gita aufnahm. Wie dies geschah, wird im
Zehnten Kapitel, Vers 12-14, beschrieben:
Nachdem Arjuna die Bhagavad-Gita von der Höchsten

Persönlichkeit Gottes vernommen hatte, anerkannte er

Krsna als paraà brahma, als das Höchste Brahman. Jedes

Lebewesen ist Brahman, doch das höchste Lebewesen, die

Höchste Persönlichkeit Gottes, ist das Höchste Brahman.

Paraà dhama bedeutet, dass Er der höchste Ruheort allen

Seins ist; pavitram, dass Er rein, ohne eine Spur materieller

Verunreinigung; purusam, dass Er der höchste Genießer;

èaèvatam, dass Er der Uranfang, die erste Person; divyam,

dass Er transzendental; adi-devam, dass Er die Höchste

Persönlichkeit Gottes; ajam, dass Er der Ungeborene, und

vibhum, dass Er der Größte ist.

Da Krsna Arjunas Freund war, könnte man denken, Arjuna

sage dies alles zu Ihm nur aus Freundschaft, doch um die

Leser der Bhagavad-Gita von Zweifeln dieser Art zu

befreien, erhärtet Arjuna seine Feststellung im nächsten

Vers, in welchem er sagt, dass Krsna nicht nur von ihm

selbst als die Höchste Persönlichkeit Gottes anerkannt

werde, sondern auch von Autoritäten wie Narada, Asita,

Devala und Vyasa. Sie alle sind große Persönlichkeiten, die

das vedische Wissen verbreiten, das von allen acaryas

anerkannt wird. Deshalb sagt Arjuna zu Krsna, dass er alles,

was Krsna sage, als absolut vollkommen anerkenne.

Sarvam etad çtaà manye: „Alles, was Du sagst, akzeptiere

ich als Wahrheit." Arjuna sagt auch, dass das Wesen des

Herrn sehr schwer zu verstehen sei und dass selbst die

großen Halbgötter nicht fähig seien, Ihn zu begreifen. Dies

bedeutet, dass der Herr nicht einmal von Persönlichkeiten

erkannt werden kann, die auf einer höheren Ebene stehen

als die Menschen. Wie kann also ein Mensch Sri Krsna

verstehen, ohne Sein Geweihter zu werden?

Man sollte der Bhagavad-Gita daher in der Haltung eines

Gottgeweihten begegnen. Man darf nicht glauben, man sei

Krsna ebenbürtig oder Krsna sei eine gewöhnliche

Persönlichkeit, ja man sollte Ihn nicht einmal nur für eine

außergewöhnliche Persönlichkeit halten. Sri Krsna ist die

Höchste Persönlichkeit Gottes, zumindest theoretisch,

gemäß den Aussagen der Bhagavad-Gita bzw. den Worten

Arjunas, desjenigen, der die Bhagavad-Gita zu verstehen

sucht.

Wir sollten daher, zumindest theoretisch, Sri Krsna als die

Höchste Persönlichkeit Gottes anerkennen; in dieser

hingebungsvollen Haltung können wir dann die Bhagavad-Gita

verstehen. Solange man die Bhagavad-Gita nicht in

einer hingebungsvollen Haltung liest, ist es sehr schwierig,

die Bhagavad-Gita zu verstehen, denn sie ist ein großes

Geheimnis.

Was ist die Bhagavad-Gita nun eigentlich? Es ist das Ziel

der Bhagavad-Gita, die Menschheit aus der Unwissenheit

des materiellen Daseins zu befreien. Jeder von uns hat mit

so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, ebenso wie Arjuna,

der in einer schwierigen Lage war, als er in der Schlacht

von Kuruksetra kämpfen sollte. Arjuna ergab sich Sri

Krsna, und da sprach der Herr die Bhagavad-Gita. Nicht

nur Arjuna, sondern jeder von uns ist aufgrund dieses

materiellen Daseins voller Ängste. Wir leben unsere jetzige

Existenz im Wirkungsbereich der Nichtexistenz; doch

eigentlich sollten wir uns nicht von Nichtexistenz bedrohen

lassen. Unsere Existenz ist ewig. Auf irgendeine Weise

aber sind wir in asat geraten. Asat bedeutet "das, was nicht

existiert".

Unter den vielen Menschen, die leiden, gibt es einige, die

tatsächlich durch Fragen ihre Stellung erhellen wollen und

sich daher fragen, was sie sind, warum sie sich in diesem

schrecklichen Zustand des Leidens befinden, und so fort.

Solange man nicht aufwacht und sich fragt, warum man

leiden muß, das heißt, solange man nicht erkennt, dass man

eigentlich nicht leiden will und bisher vergeblich versucht

hat, eine Lösung für alle Leiden zu finden, kann man nicht

als vollkommener Mensch gelten. Menschsein beginnt,

wenn diese Fragen im Geist erwachen. Im Brahma-sôtra

werden Fragen dieser Art als brahma-jijÒasa bezeichnet.

Jede Tätigkeit des Menschen muß als Fehlschlag betrachtet

werden, wenn solche Fragen ihn nicht beschäftigen.

Diejenigen, die zu fragen beginnen, was sie sind, warum sie

leiden, woher sie gekommen sind und wohin sie nach dem

Tode gehen werden, sind daher Schüler, die geeignet sind,

die Bhagavad-Gita zu verstehen. Der ernsthafte Schüler

sollte auch unerschütterliche Ehrfurcht vor der Höchsten

Persönlichkeit Gottes haben. Ein solcher Schüler war

Arjuna.
Sri Krsna erscheint insbesondere deshalb, um den

eigentlichen Sinn des Lebens deutlich zu machen, wenn der

Mensch diesen Sinn vergißt. Doch selbst dann gibt es unter

vielen erwachenden Menschen vielleicht nur einen, der zu

verstehen beginnt, in welcher Lage er sich eigentlich

befindet, und für ihn wurde die Bhagavad-Gita gesprochen.

Wir alle werden vom Tiger der Unwissenheit verfolgt, doch

der Herr ist zu den Lebewesen sehr barmherzig, besonders

zu den Menschen, und deshalb sprach Er die Bhagavad-Gita

und machte Seinen Freund Arjuna zu Seinem Schüler.

Als Gefährte Krsnas befand sich Arjuna jenseits aller

Unwissenheit. Doch auf dem Schlachtfeld von Kuruksetra

wurde Arjuna in Unwissenheit versetzt, um Sri Krsna

Fragen über die Probleme des Lebens stellen zu können, so

dass der Herr sie zum Wohl zukünftiger Generationen

erklären und so den Plan des Lebens darlegen konnte. So

hat der Mensch die Möglichkeit, dementsprechend zu

handeln und die Mission des menschlichen Lebens
vollkommen zu erfüllen.

Das Thema der Bhagavad-Gita erfordert die Einbeziehung

von fünf grundlegenden Wahrheiten. Zunächst wird die

Wissenschaft von Gott und dann die wesensgemäße

Stellung der Lebewesen oder Jivas erklärt. Es gibt den

Öèvara (Herrscher) und die Jivas (Lebewesen), die

beherrscht werden. Wenn ein Lebewesen behauptet, es

werde nicht beherrscht, sondern sei frei, ist es von Sinnen.

Das Lebewesen wird in jeder Hinsicht beherrscht,

zumindest in seinem bedingten Leben. Die Bhagavad-Gita

handelt also hauptsächlich von Öèvara, dem Höchsten

Herrscher, und von den Jivas, den beherrschten Lebewesen.

Prakçti (die materielle Natur), kala (die Zeit, das heißt die

Dauer der Existenz des gesamten Universums bzw. der

Manifestation der materiellen Natur) und karma (Tätigkeit)

werden ebenfalls erörtert. In der kosmischen Manifestation

finden vielerlei Tätigkeiten statt. Alle Lebewesen gehen

verschiedenen Tätigkeiten nach. Von der Bhagavad-Gita

müssen wir lernen, was Öèvara (Gott) ist, was die Jivas

(Lebewesen) sind, was prakçti (die kosmische

Manifestation) ist, wie sie durch die Zeit beherrscht wird

und welcher Art die Tätigkeiten der Lebewesen sind.

Aus diesen fünf Hauptthemen der Bhagavad-Gita wird

ersichtlich, dass der Höchste Gott, das heißt Krsna oder

Brahman oder Paramatma oder der Höchste Herrscher - wie

immer man Ihn auch nennen mag -, der Größte von allen

ist. Qualitativ gleichen die Lebewesen dem Höchsten

Herrscher. Der Höchste Herrscher, der Herr, hat zum

Beispiel die universalen Geschehnisse, das heißt die

materielle Natur, unter Seiner Herrschaft. Wie in späteren

Kapiteln der Bhagavad-Gita erklärt wird, ist die materielle

Natur nicht unabhängig, sondern handelt nach den

Anweisungen des Höchsten Herrn. Sri Krsna sagt daher:

mayadhyakseäa prakçtiÉ sôyate sa-cara-caram. "Prakçti

arbeitet unter Meiner Führung (mayadhyakseäa)." Wenn

wir sehen, dass in der kosmischen Natur wunderbare Dinge

geschehen, sollten wir wissen, dass hinter dieser

wunderbaren Manifestation ein Lenker steht. Nichts kann

sich manifestieren, ohne gelenkt zu werden. Es ist kindisch,

den Lenker nicht in Betracht zu ziehen. Ein Kind zum

Beispiel mag denken, ein Auto sei etwas Wunderbares, weil

es fahren kann, ohne von einem Pferd oder einem anderen

Tier gezogen zu werden, doch ein vernünftiger,

erwachsener Mensch weiß, wie das Auto angetrieben wird

und dass sich hinter dieser Maschinerie ein Mensch, ein

Fahrer, befindet. In ähnlicher Weise ist auch der Höchste

Herr der Lenker (ayaksa), die Höchste Persönlichkeit, nach

dessen Anweisungen alles geschieht. Wie wir in späteren

Kapiteln der Bhagavad-Gita sehen werden, werden die Jivas

oder Lebewesen vom Herrn als Seine Bestandteile

angesehen. Mamaivaàèo Jiva-loke (15.7). Aàèa bedeutet

Bestandteile. Ein Körnchen Gold ist ebenfalls Gold, und ein

Tropfen Wasser aus dem Ozean ist ebenfalls salzig, und

dementsprechend haben auch wir, die Lebewesen, als

Bestandteile des Höchsten Lenkers (Öèvaras, Bhagavans

oder Sri Krsnas) alle Eigenschaften des Höchsten Herrn in

winzigem Ausmaß, da wir winzige Öèvaras oder

untergeordnete Öèvaras sind. Wir versuchen, die Natur zu

beherrschen, ebenso wie wir in neuester Zeit versuchen,

auch den Weltraum zu beherrschen und

"Imitationsplaneten" im All schweben zu lassen. Diese

Neigung zu beherrschen oder etwas zu schaffen ist in uns,

weil sie in Krsna vorhanden ist. Wir neigen dazu, zu

beherrschen und uns die materielle Natur untertan zu

machen, doch sollten wir wissen, dass wir keineswegs der

Höchste Herrscher sind. Dies wird in der Bhagavad-Gita

erklärt.

Was ist die materielle Natur? Sie wird in der Bhagavad-Gita

als niedere prakçti oder niedere Natur beschrieben. Das

Lebewesen wird als die höhere prakçti erklärt. Prakçti, ob

von niederer oder höherer Natur, wird immer gelenkt.

Prakçti bedeutet weiblich. Sie wird vom Herrn gelenkt,

ebenso wie das Tun der Frau vom Ehemann beaufsichtigt

wird. Prakçti ist immer untergeordnet, das heißt, sie wird

vom Herrn, dem Lenker, beherrscht. Die Lebewesen und

die materielle Natur werden also beide vom Höchsten

Herrn beherrscht und gelenkt. Der Bhagavad-Gita gemäß

müssen die Lebewesen, obgleich sie Bestandteile des

Höchsten Herrn sind, ebenfalls als prakçti betrachtet

werden. Dies wird im fünften Vers des Siebten Kapitels der

Bhagavad-Gita deutlich erwähnt: apareyam itas tv anyam.

"Diese prakçti ist Meine niedere Natur." Und weiter:

"Und darüber hinaus gibt es noch

eine andere prakçti - Jiva-bhôtam - das Lebewesen."

Prakçti besteht aus drei Eigenschaften oder

Erscheinungsweisen: der Erscheinungsweise der Tugend,

der Erscheinungsweise der Leidenschaft und der
Erscheinungsweise der Unwissenheit. Über diesen

Erscheinungsweisen steht die ewige Zeit, und durch eine

Verbindung dieser Erscheinungsweisen der Natur und unter

der Lenkung und Aufsicht der ewigen Zeit kommt es zu

Tätigkeiten, die man als karma bezeichnet. Diese

Tätigkeiten werden schon seit undenklicher Zeit ausgeführt,

und wir erleiden oder genießen die Fruchte unseres Tuns.

Angenommen, dass ich ein Geschäftsmann bin und mit

Intelligenz schwer gearbeitet und daher ein hohes

Bankkonto angehäuft habe. Dann kann ich genießen. Wenn

ich dagegen mein ganzes Geld bei Geschäften verloren

habe, bin ich der Leidtragende. In ähnlicher Weise

genießen oder erleiden wir bei allen unseren Handlungen

die Ergebnisse unseres Tuns. Das nennt man karma.

Isvara (der Höchste Herr), Jiva (das Lebewesen), prakçti

(die materielle Natur), kala (die ewige Zeit) und karma

(Tätigkeit) werden alle in der Bhagavad-Gita erklärt. Von

diesen fünf sind der Herr, die Lebewesen, die materielle

Natur und die Zeit ewig. Die Manifestation der prakçti mag

zeitweilig sein, doch ist sie nicht falsch. Einige Philosophen

behaupten, die Manifestation der materiellen Natur sei

falsch, doch nach der Philosophie der Bhagavad-Gita, der

Philosophie der Vaisäavas, ist dies nicht der Fall. Die

Manifestation der Welt wird nicht als falsch angesehen; sie

wird als wirklich, wenn auch zeitweilig, anerkannt. Sie

wird mit einer Wolke verglichen, die am Himmel

vorüberzieht, oder mit dem Eintreten der Regenzeit, die das

Getreide nährt. Sobald die Regenzeit vorüber ist und die

Wolke verschwindet, vertrocknen die Ähren, die vom

Regen genährt wurden. In ähnlicher Weise entsteht auch

die materielle Manifestation in gewissen Zeitabständen,

besteht für eine Weile und verschwindet dann wieder.

Bhôtva bhôtva pralÖyate (Bg. 8.19). So arbeitet prakçti,

doch findet dieser Kreislauf ewig statt, und deshalb ist

prakçti ewig sie ist nicht falsch. Der Herr bezieht Sich auf

"Meine prakçti". Die materielle Natur ist die abgesonderte

Energie des Höchsten Herrn, und auch die Lebewesen sind

eine Energie des Höchsten, doch sind sie nicht von Ihm

getrennt - sie sind ewig mit Ihm verbunden. Der Herr, das

Lebewesen, die materielle Natur und die Zeit sind also alle

ewig, karma hingegen ist nicht ewig. Die Auswirkungen

des karma können in der Tat sehr alt sein. Wir erleiden

oder genießen die Ergebnisse von Handlungen aus längst

vergangener Zeit, doch können wir die Ergebnisse unseres

karma oder unseres Tuns verändern, und diese
Veränderung hängt von der Vollkommenheit unseres

Wissens ab. Ohne Zweifel gehen wir allerlei Tätigkeiten

nach, doch wissen wir nicht, wie wir handeln sollen, um

uns von den Aktionen und Reaktionen auf all diese

Tätigkeiten zu befreien. Auch das wird in der Bhagavad-Gita

erklärt.

Isvara ist das höchste Bewußtsein. Da die Jivas oder

Lebewesen winzige Bestandteile des Höchsten Herrn sind,

haben auch sie ein Bewußtsein. Sowohl das Lebewesen als

auch die materielle Natur werden als prakçti, als die

Energie des Höchsten Herrn, bezeichnet, aber von diesen

beiden hat nur der Jiva Bewußtsein. Die andere prakçti

hingegen hat kein Bewußtsein - das ist der Unterschied.

Deshalb bezeichnet man die Jiva-prakçti auch als

übergeordnet, denn der Jiva hat ein Bewußtsein, das dem

des Herrn ähnelt. Das Bewußtsein des Herrn jedoch ist das

höchste, und daher sollte man niemals behaupten, der Jiva,

das Lebewesen, sei ebenfalls allbewußt. Das Lebewesen

kann auf keiner noch so vollkommenen Stufe allbewußt

sein, und die Theorie, die besagt, das Lebewesen könne

diese Stufe erreichen, ist eine irreführende Theorie. Das

Lebewesen mag ein Bewußtsein haben, aber nicht das

höchste Bewußtsein.
11

Der Unterschied zwischen dem Jiva und dem Öèvara wird

im Dreizehnten Kapitel der Bhagavad-Gita erklärt werden.

Sowohl der Herr als auch das Lebewesen sind ksetra-jÒaÉ,

das heißt, sie haben ein Bewußtsein; doch das Lebewesen

ist sich nur seines jeweiligen Körpers bewußt, während

Sich der Herr aller Körper bewußt ist: ÖèvaraÉ sarvabhôtanaà

hçd-deèeírjuna tisòhati. Weil Er im Herzen jedes

Lebewesens weilt, ist Er Sich der psychischen Vorgänge

oder Tätigkeiten jedes einzelnen Jiva bewußt. Wir sollten

dies nicht vergessen. Es wird auch erklärt, dass der

Paramatma, die Höchste Persönlichkeit Gottes, im Herzen

eines jeden als Öèvara oder Lenker weilt und das Lebewesen

anleitet, seinen Wünschen gemäß zu handeln. Sarvasya

cahaà hçdi sannivisòho. Das Lebewesen vergißt, was es tun

wollte. Zunächst entschließt es sich, auf eine bestimmte Art

und Weise zu handeln, und dann wird es in die Aktionen

und Reaktionen seines eigenen karma verstrickt. Nachdem

es eine Art von Körper aufgegeben hat, geht es in eine

andere Art von Körper ein, ähnlich wie wir ein bestimmtes

Kleidungsstück gegen ein anderes tauschen. In der

Bhagavad-Gita (2.22) finden wir eine ähnliche Erklärung:

vasaàsi jÖräani yatha vihaya. Ähnlich, wie man seine

verschiedenen Kleidungsstücke wechselt, so wechseln die

Lebewesen verschiedene Körper - das nennt man
Seelenwanderung - und nehmen die Aktionen und

Reaktionen ihrer vergangenen Handlungen mit sich. Diese

Handlungen können geändert werden, wenn sich das

Lebewesen in der Erscheinungsweise der Tugend befindet,

das heißt, wenn sein Geist geklärt ist und es versteht, in

welcher Weise es tätig sein sollte. Wenn dies geschieht,

können alle Aktionen und Reaktionen auf seine

vergangenen Handlungen umgewandelt werden. Karma ist

also nicht ewig. Deshalb stellten wir zuvor fest, dass Öèvara,

Jiva, prakçti und kala ewig sind, wohingegen karma nicht

ewig ist.

Der allbewußte Öèvara ähnelt dem Lebewesen insofern, als

sowohl das Bewußtsein des Herrn wie auch das des

Lebewesens transzendental sind. Bewußtsein wird nicht

durch eine Verbindung materieller Elemente erzeugt - diese

Vorstellung ist falsch. Die Theorie, dass sich Bewußtsein

unter bestimmten Umständen aus materiellen

Verbindungen entwickelt, wird in der Bhagavad-Gita nicht

anerkannt. Bewußtsein mag durch die Bedeckung

materieller Umstände verzerrt widergespiegelt werden,

ebenso wie Licht, das sich in farbigem Glas bricht, die

Farbe des Glases zu haben scheint, aber das Bewußtsein des

Herrn wird nicht von Materie beeinßußt. Sri Krsna sagt:

mayadhyakseäa prakçtiÉ. "Die materielle Natur arbeitet

unter Meiner Führung." Wenn der Herr in das materielle

Universum hinabsteigt, wird Sein Bewußtsein von der

Materie nicht beeinßußt. Würde Sein Bewußtsein

beeinßußt werden, wäre Er unfähig, über transzendentale

Themen zu sprechen, wie Er es in der Bhagavad-Gita tut.

Man kann nichts über die transzendentale Welt sagen, ohne

von materiell verunreinigtem Bewußtsein völlig frei zu

sein. Der Herr war also nicht von der Materie verunreinigt.

Unser Bewußtsein dagegen ist gegenwärtig materiell

verunreinigt. Die Bhagavad-Gita lehrt, dass wir dieses

materiell bedeckte Bewußtsein reinigen müssen. Wenn

unser Bewußtsein geläutert ist, werden unsere Handlungen

mit dem Willen Öèvaras in Einklang stehen, und das wird

uns glücklich machen. Wir können nicht aufhören, tätig zu

sein. Vielmehr müssen unsere Tätigkeiten geläutert werden,

und solche geläuterten Tätigkeiten bezeichnet man als

bhakti. Tätigkeiten in bhakti erscheinen wie gewöhnliche

Tätigkeiten, doch sind sie nicht verunreinigt; es sind

gereinigte Tätigkeiten. Einem unwissenden Menschen mag

es so vorkommen, als handle und arbeite ein Gottgeweihter

wie ein gewöhnlicher Mensch, doch solch ein Mensch mit

geringem Wissen weiß nicht, dass die Tätigkeiten des

Gottgeweihten oder des Herrn nicht durch unreines,

materielles Bewußtsein beßeckt sind, sondern in
transzendentalem Bewußtsein, jenseits der drei

Erscheinungsweisen der materiellen Natur, verrichtet

werden. Wir sollten jedoch wissen, dass unser Bewußtsein

im augenblicklichen Zustand materiell verunreinigt ist.

Wenn wir auf diese Weise materiell verunreinigt sind,

werden wir als bedingt bezeichnet, und falsches Ego oder

falsches Bewußtsein entsteht, wenn man glaubt, ein

Produkt der materiellen Natur zu sein. Dies nennt man

falsches Ego. Wer in die körperliche Lebensauffassung

versunken ist, kann seine Situation nicht verstehen. Die

Bhagavad-Gita wurde gesprochen, um die Menschen von

der körperlichen Lebensauffassung zu befreien, und so

übernahm Arjuna die Rolle des Schülers, um diese
Unterweisungen vom Herrn empfangen zu können. Man

muß von der körperlichen Lebensauffassung frei werden,

das ist der erste Schritt des Transzendentalisten, der frei

werden will. Jemand, der befreit werden möchte, muß als

erstes lernen, dass er selbst nicht mit dem materiellen

Körper identisch ist. Wenn wir von materiellem

Bewußtsein frei sind, bezeichnet man dies als mukti oder

Befreiung. Auch im Srimad-Bhagavatam wird die

Definition von Befreiung gegeben: mukti hitva anyatha

Rupam-svarôpena avastathiÉ. Mukti bedeutet, vom

verunreinigten Bewußtsein der materiellen Welt befreit und

im reinen Bewußtsein verankert zu werden. Alle

Unterweisungen der Bhagavad-Gita sollen dieses reine

Bewußtsein erwecken, und daher fragt Krsna am Ende

Seiner Unterweisungen, ob Arjunas Bewußtsein nun

geläutert sei. Geläutertes Bewußtsein bedeutet, in

Übereinstimmung mit den Anweisungen des Höchsten

Herrn zu handeln. Das ist die vollständige Bedeutung

geläuterten Bewußtseins. Da wir Bestandteile des Herrn

sind, haben auch wir Bewußtsein; doch wir neigen dazu,

von den niederen Erscheinungsweisen beeinßußt zu

werden. Der Herr jedoch wird, weil Er der Höchste ist,

niemals beeinßußt. Das ist der Unterschied zwischen dem

Höchsten Herrn und den bedingten Seelen.
Was versteht man nun unter Bewußtsein? Bewußtsein

bedeutet, dass man denkt: "Ich bin." Und was bin ich? Im

unreinen Bewußtsein bedeutet "ich bin": "Ich bin der Herr

über alles, was ich überblicken kann; ich bin der Genießer."

Die Welt dreht sich, weil jedes Lebewesen sich selbst für

den Herrn und Schöpfer der materiellen Welt hält.

Materielles Bewußtsein basiert auf zwei Vorstellungen. Die

eine lautet: "Ich bin der Schöpfer" und die andere: "Ich bin

der Genießer." In Wirklichkeit aber ist der Höchste Herr

sowohl der Schöpfer als auch der Genießer, und als

Bestandteil des Höchsten Herrn ist das Lebewesen weder

Schöpfer noch Genießer, sondern jemand, der mit dem

Herrn zusammenarbeitet. Zum Beispiel arbeitet ein
12

Maschinenteil mit der ganzen Maschine zusammen, und ein

Körperteil arbeitet mit dem gesamten Körper zusammen.

Die Hände, Füße, Augen, Beine usw. sind alles Teile des

Körpers, doch sind sie nicht wirklich die Genießer - der

Genießer ist der Magen. Die Beine bewegen sich; die

Hände sammeln Nahrung und bereiten diese zu; die Zähne

kauen, und so sind alle Teile des Körpers damit beschäftigt,

den Magen zufriedenzustellen, da der Magen der

Hauptfaktor in der Organisation des Körpers ist. Deshalb

sollte alles dem Magen gegeben werden: praäopaharac ca

yathendriyaäam (SB. 4.31.14). Man nährt den Baum, indem

man die Wurzel bewässert, und man kann sich gesund

erhalten, das heißt, die Teile des Körpers - die Hände,

Beine, Augen, Ohren, Finger usw. - bleiben gesund, wenn

sie mit dem Magen zusammenarbeiten. In ähnlicher Weise

ist das Höchste Lebewesen, der Herr, der Genießer und

Schöpfer, und wir, die untergeordneten Lebewesen, die

Produkte der Energie des Höchsten Herrn, sind dafür

bestimmt, mit Ihm zusammenzuarbeiten. Diese

Zusammenarbeit wird uns helfen. Wenn zum Beispiel die

Finger etwas Schönes zum Essen nehmen und denken:

"Warum sollen wir das dem Magen geben? Laßt uns selbst

genießen!", so ist dies ein Fehler. Die Finger sind nicht

imstande zu genießen. Wenn die Finger aus einer

bestimmten Speise Genuß ziehen wollen, müssen sie diese

dem Magen zuführen. In ähnlicher Weise ist alles so

angeordnet, dass der Höchste Herr der Mittelpunkt der

Schöpfung und des Genusses ist und dass die Lebewesen

einfach mit Ihm zusammenarbeiten sollen. Durch

Zusammenarbeit genießen sie. Die Beziehung gleicht der

des Dieners zum Meister. Wenn der Meister völlig

zufrieden ist, dann ist der Diener von selbst zufrieden. In

ähnlicher Weise sollte der Höchste Herr zufriedengestellt

werden - auch wenn die Lebewesen die Neigung haben,

selbst Schöpfer zu werden und die materielle Welt zu

genießen. Diese Neigungen sind in den Lebewesen, weil

auch der Höchste Herr, der die manifestierte kosmische

Welt erschaffen hat, diese Neigungen besitzt.

Wir werden daher sehen, dass in der Bhagavad-Gita das

vollkommene Ganze, das sich aus dem Höchsten Herrscher,

den beherrschten Lebewesen, der kosmischen
Manifestation, der ewigen Zeit und Tätigkeit

zusammensetzt, umfassend erklärt wird. All diese Dinge

zusammengenommen nennt man die Absolute Wahrheit.

Das vollkommene Ganze oder die vollkommene Absolute

Wahrheit ist daher die vollkommene Persönlichkeit Gottes,

Sri Krsna. Wie erklärt wurde, haben alle Manifestationen

ihren Ursprung in Seinen verschiedenen Energien. Er ist

das vollkommene Ganze.

In der Gita wird ebenfalls erklärt, dass das unpersönliche

Brahman der vollkommenen Person untergeordnet ist.

Brahmaäo hi pratisòhaham (Bg. 14.27). Das unpersönliche

Brahman wird im Brahma-sôtra deutlicher durch den
Vergleich mit den Strahlen der Sonne erklärt. Das

unpersönliche Brahman ist die leuchtende Ausstrahlung des

Höchsten Brahman oder der Höchsten Persönlichkeit

Gottes. Die Erkenntnis des unpersönlichen Brahman und

auch die Erkenntnis des Paramatma sind daher nur

unvollkommene Erkenntnisse des absoluten vollkommenen

Ganzen. Auch diese Dinge werden erklärt: purusottamayoga.

Beim Lesen des Kapitels über purusottama-yoga

werden wir sehen, dass die Höchste Persönlichkeit,

Purusottama, über der unpersönlichen Brahman-Erkenntnis

und der Erkenntnis des Paramatma steht.

Die Höchste Persönlichkeit Gottes wird als sac-cid-anandavigraha

bezeichnet. Die Brahma-saàhita (5.1) beginnt mit
dem folgenden Vers:

"Govinda, Krsna, ist die Ursache aller Ursachen. Er ist der

Urerste Herr, und Er ist die reine Gestalt ewigen Seins,

ewigen Wissens und ewiger Glückseligkeit."

Der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, ist also saccid-

ananda-vigraha. Die unpersönliche Brahman-

Erkenntnis ist die Erkenntnis Seines sat- (Ewigkeits-)

Aspektes. Paramatma-Erkenntnis ist die Erkenntnis des

sac-cit- (Ewigkeits- und Wissens-) Aspektes. Doch die

Erkenntnis der Persönlichkeit Gottes als Krsna ist die

Erkenntnis aller transzendentalen Aspekte: sat, cit und

ananda (ewiges Sein, Wissen und Glückseligkeit) in

vollkommener vigraha (Gestalt).
Weniger intelligente Menschen glauben, die

Höchste Wahrheit sei unpersönlich, doch ist Sie eine

transzendentale Person, und alle vedischen Schriften

bestätigen dies, Nityo nityanam cetanaè cetananam (Kat. U.

2.2.13). Ebenso, wie auch wir alle Personen, individuelle

Lebewesen, sind und unsere Individualität haben, so ist

auch die Höchste Absolute Wahrheit letztlich eine Person,

und die Erkenntnis der Persönlichkeit Gottes bedeutet die

Erkenntnis aller transzendentalen Aspekte, nämlich sat, cit

und ananda, in vollkommener vigraha. Vigraha bedeutet

Form; also ist das vollkommene Ganze nicht formlos. Wäre

der Höchste formlos oder hätte Er irgend etwas anderes

nicht, könnte Er nicht das vollkommene Ganze sein. Das

vollkommene Ganze muß alles beinhalten, was innerhalb

und außerhalb unserer Erfahrung liegt, denn sonst wäre der

Herr nicht vollkommen. Das vollkommene Ganze, die

Persönlichkeit Gottes, besitzt unermeßliche Kräfte:

Auch das wird in der Bhagavad-Gita erklärt, wie nämlich

Krsna durch verschiedene Energien wirkt. Diese

Erscheinungswelt oder materielle Welt, in die wir gesetzt

worden sind, ist ebenso in sich selbst vollkommen. Die

vierundzwanzig Elemente, aus denen, der saâkhya-
Philosophie zufolge, das materielle Universum

vorübergehend manifestiert ist, sind völlig darauf

abgestimmt, vollkommene Nachschubquellen

hervorzubringen, die zur Erhaltung und Versorgung des

Universums notwendig sind. Keine zusätzliche Bemühung

seitens irgendeiner anderen Einheit ist erforderlich, um das

Universum zu erhalten. Es hat seine eigene Zeit, die durch

die Energie des vollkommenen Ganzen festgesetzt ist, und

wenn diese Zeit abgelaufen ist, werden die zeitweiligen

Manifestationen durch die vollkommene Einrichtung des

Vollkommenen aufgelöst. Den winzigen vollkommenen

Einheiten, nämlich den Lebewesen, sind vollkommene

Möglichkeiten gegeben, den Vollkommenen zu erkennen,

und alle Arten von Unvollkommenheit werden nur
erfahren, weil das Wissen über den Vollkommenen
13

unvollkommen ist. Die Bhagavad-Gita beinhaltet das

vollkommene Wissen der vedischen Weisheit.

Das vedische Wissen ist unfehlbar, und Hindus anerkennen

vedisches Wissen als vollkommen und unfehlbar. Zum

Beispiel ist Kuhdung der Kot eines Tieres, und nach der

smçti oder nach vedischer Regel, muß man, wenn man den

Kot eines Tieres berührt, ein Bad nehmen, um sich zu

reinigen. In den vedischen Schriften heißt es aber, Kuhdung

sei rein; vielmehr werde ein unreiner Ort oder ein unreiner

Gegenstand durch die Berührung mit Kuhdung gereinigt.

Wenn nun jemand einwendet, wie es zu verstehen sei, dass

es an einer Stelle heißt, der Kot eines Tieres sei unrein, und

an einer anderen Stelle, Kuhdung, der auch der Kot eines

Tieres ist, sei rein, und dass dies ein Widerspruch sei, so

kann man nur sagen, dass es zwar widersprüchlich

erscheinen mag, dass wir es aber, weil es eine vedische

Feststellung ist, aus praktischen Gründen als wahr

anerkennen und damit keinen Fehler machen. Ein moderner

Chemiker namens Dr. Lal Mohan Goshan hat Kuhdung

einer genauen Analyse unterzogen und festgestellt, dass

dieser alle antiseptischen Eigenschaften besitzt. In

ähnlicher Weise hat er auch das Wasser der Gaâga

analysiert. Das vedische Wissen ist also vollkommen, denn

es ist über alle Zweifel und Fehler erhaben, und die

Bhagavad-Gita ist die Essenz allen vedischen Wissens.

Vedisches Wissen hat daher nichts mit Forschung zu tun.

Unsere Forschungsarbeit ist unvollkommen, weil wir die

Dinge nur mit unseren unvollkommenen Sinnen
untersuchen. Folglich ist das Ergebnis unserer

Forschungsarbeit ebenfalls unvollkommen. Es kann nicht

vollkommen sein. Wir müssen vollkommenes Wissen
annehmen, das so zu uns herabkommt, wie es in der

Bhagavad-Gita (4.2) erklärt wird: Wir müssen Wissen von

der richtigen Quelle, einer Schülernachfolge von

spirituellen Meistern, empfangen, die mit dem Herrn Selbst

beginnt. Die Bhagavad-Gita wurde vom Herrn persönlich

gesprochen, und Arjuna, der Schüler, der die Lehren der

Bhagavad-Gita empfing, nahm alles so an, wie es ist, ohne

etwas auszuklammern. Das ist nämlich ebenfalls nicht

gestattet: einen Teil der Bhagavad-Gita anzunehmen und

einen anderen abzulehnen. Wir müssen die Bhagavad-Gita

annehmen, ohne zu interpretieren, ohne etwas

auszuklammern und ohne uns nur launenhaft mit der Sache

zu befassen. Die Gita sollte als das vollkommenste

vedische Wissen angesehen werden. Das vedische Wissen

wird aus transzendentalen Quellen empfangen, da die

ersten Worte vom Herrn Selbst gesprochen wurden. Vom

Herrn gesprochene Worte nennt man apauruseya oder

"nicht von einer Person der irdischen Welt geäußert", die

mit vier Unvollkommenheiten behaftet ist. Ein Lebewesen

der materiellen Welt hat vier Mängel: (1) Es begeht mit

Sicherheit Fehler; (2) es hat unvermeidlich falsche

Vorstellungen; (3) es hat die Neigung, andere zu betrügen,

und (4) es ist durch unvollkommene Sinne beschränkt. Mit

diesen vier Unvollkommenheiten kann man keine

vollkommene Auskunft über alldurchdringendes Wissen

geben.

Vedisches Wissen wird nicht von solchen unvollkommenen

Lebewesen überliefert. Es wurde Brahma, dem

ersterschaffenen Lebewesen, durch das Herz offenbart, und

Brahma gab dieses Wissen an seine Söhne und Schüler so

weiter, wie er es ursprünglich vom Herrn empfangen hatte.

Der Herr ist pôräam, in jeder Beziehung vollkommen, und

daher besteht keine Möglichkeit, dass Er unter den Einßuß

der Gesetze der materiellen Natur gerät. Man soll daher

intelligent genug sein zu verstehen, dass außer dem Herrn

niemand der Besitzer irgendwelcher Dinge im Universum

ist, und dies wird in der Bhagavad-Gita (10.8) erklärt:

Der Herr ist der ursprüngliche Schöpfer, der Schöpfer

Brahmas. Im Elften Kapitel wird der Herr als prapitamaha

bezeichnet, da Brahma als pitamaha oder Großvater

angesprochen wird, der Herr aber auch der Schöpfer des

Großvaters ist. Niemand soll also behaupten, irgend etwas

zu besitzen; man soll nur Dinge annehmen, die einem zur

Erhaltung des Körpers vom Herrn als Anteil beiseite gelegt

sind.

Es gibt viele Beispiele, wie wir die Dinge verwenden

sollen, die für uns vom Herrn beiseite gelegt sind. Auch das

wird in der Bhagavad-Gita erklärt: Zu Beginn beschloß

Arjuna, nicht zu kämpfen. Diese Entscheidung entsprang

seiner eigenen Überlegung. Arjuna sagte zum Herrn, er

könne sich des Königreichs nicht erfreuen, nachdem er

seine eigenen Verwandten getötet hätte. Diese
Betrachtungsweise beruhte auf der körperlichen

Lebensauffassung, denn er dachte, sein Körper sei er selbst

und seine körperlichen Beziehungen und Erweiterungen

seien seine Brüder, Neffen, Schwäger, Großväter usw. Er

dachte so, um seine körperlichen Bedürfnisse zu

befriedigen. Der Herr verkündete die Bhagavad-Gita, um

diese Auffassung zu ändern, und am Ende der

Unterweisungen beschloß Arjuna, unter der Führung des

Herrn zu kämpfen, als er sagte: karisye vacanaà tava. "Ich

werde ganz nach Deinen Worten handeln." (Bg. 18.73)

In dieser Welt ist es dem Menschen nicht bestimmt, sich

wie die Hunde und Katzen abzuquälen. Er muß intelligent

genug sein, die Bedeutsamkeit des menschlichen Lebens zu

erkennen, und sich weigern, wie ein gewöhnliches Tier zu

handeln. Ein Mensch sollte das Ziel seines Lebens
erkennen. Diese Anweisung wird in allen vedischen

Schriften gegeben, und die Essenz finden wir in der

Bhagavad-Gita. Die vedische Literatur ist für Menschen,

nicht für Hunde und Katzen, bestimmt. Hunde und Katzen

dürfen andere Tiere töten, um sich zu erhalten, und

sündigen dabei nicht, doch wenn ein Mensch ein Tier zur

Befriedigung seines unbeherrschten Gaumens tötet, bricht

er die Gesetze der Natur und muß sich dafür verantworten.

In der Bhagavad-Gita wird erklärt, dass es in Entsprechung

zu den verschiedenen Erscheinungsweisen der materiellen

Natur drei Arten von Tätigkeiten gibt: Tätigkeiten in

Tugend, in Leidenschaft und in Unwissenheit. In ähnlicher

Weise gibt es auch drei Arten von Nahrungsmitteln:

Nahrungsmittel in Tugend, in Leidenschaft und in

Unwissenheit. All dies wird eingehend erklärt, und wenn

wir die Unterweisungen der Bhagavad-Gita richtig nutzen,

wird unser ganzes Leben geläutert werden, und schließlich

14

werden wir imstande sein, den höchsten Bestimmungsort zu

erreichen: yad gatva na nivartante tad dhama paramaà

mama (Bg. 15.6). Aus der Bhagavad-Gita erfahren wir, dass

es jenseits des materiellen Himmels noch einen anderen,

spirituellen Himmel gibt, der als sanatana-Himmel bekannt

ist. Wir sehen, dass in unserem materiellen Himmel alles

vergänglich ist. Etwas tritt ins Dasein, bleibt eine Zeitlang

bestehen, erzeugt einige Nebenprodukte, zerfällt und

vergeht schließlich. Das ist das Gesetz der materiellen

Welt, ob wir als Beispiel unseren Körper, eine Frucht oder

irgend etwas anderes hier Geschaffenes nehmen. Doch

jenseits dieser zeitweiligen Welt gibt es noch eine andere

Welt, von der wir Berichte und Beschreibungen haben:

paras tasmat tu bhavo ínyo (Bg. 8.20). Es gibt noch eine

andere Natur, die sanatana (ewig) ist, und der Jiva wird

ebenfalls als sanatana beschrieben: SanatanaÉ bedeutet

ewig, und auch der Herr wird im Elften Kapitel als

sanatanaÉ beschrieben. Weil wir eine vertraute Beziehung

zum Herrn haben und da wir alle qualitativ eins sind - das

sanatana-dhama oder ewige Reich, die sanatana-Höchste-

Persönlichkeit und die sanatana-Lebewesen -, besteht der

Sinn der Bhagavad-Gita darin, unsere sanatana-

Beschäftigung, das heißt unser sanatana-dharma, die ewige

Beschäftigung des Lebewesens, wiederzubeleben. Wir sind

jetzt vorübergehend mit verschiedenen Tätigkeiten

beschäftigt, doch können diese geläutert werden, wenn wir

alle zeitweiligen Tätigkeiten aufgeben (sarva-dharman

parityajya; Bg. 18.66) und nach den Anweisungen des

Höchsten Herrn handeln. Dann beginnt unser wahres
Leben.

Wie oben erwähnt, ist der Höchste Herr sanatanaÉ, und

Sein transzendentales Reich, das jenseits des materiellen

Himmels liegt, ist ebenfalls sanatanaÉ, und auch die

Lebewesen sind sanatanaÉ. Die Gemeinschaft der

sanatana-Lebewesen mit dem sanatana-Höchsten-Herrn

im sanatana-Reich ist das endgültige Ziel des

menschlichen Lebens. Der Herr ist zu den Lebewesen sehr

gütig, weil sie Seine Söhne sind. Sri Krsna erklärt in der

Bhagavad-Gita (14.4): sarva-yonisu ... ahaà bÖja-pradaÉ

pita. "Ich bin der Vater aller Lebewesen." Natürlich gibt es

viele verschiedene Arten von Lebewesen, je nach ihrem

unterschiedlichen karma, doch hier erklärt der Herr, dass Er

der Vater aller ist. Aus diesem Grund steigt der Herr in die

materielle Welt hinab, um nämlich die gefallenen,
bedingten Seelen zum sanatana- (ewigen) Himmel

zurückzurufen, auf dass die sanatana-Lebewesen ihre

sanatana-Stellung in der ewigen Gemeinschaft des Herrn

wiedererlangen können. Der Herr kommt entweder Selbst

in verschiedenen Inkarnationen oder schickt Seine

vertrauten Diener als Söhne oder Seine Gefährten oder

acaryas, um die bedingten Seelen zurückzurufen.

Sanatana-dharma bezieht sich daher nicht auf irgendeinen

sektiererischen religiösen Vorgang. Es ist die ewige

Aufgabe der ewigen Lebewesen in Beziehung zum ewigen

Höchsten Herrn. Sanatana-dharma bezieht sich, wie

gesagt, auf die ewige Beschäftigung des Lebewesens.

Ramanujacarya hat das Wort sanatana erklärt als "das, was

weder Anfang noch Ende hat." Wenn wir also von
sanatana-dharma sprechen, müssen wir aufgrund der

Autorität Sri Ramanujacaryas davon ausgehen, dass es

weder Anfang noch Ende hat.
Das Wort Religion und der Begriff sanatana-dharma

unterscheiden sich ein wenig voneinander. Religion

vermittelt die Idee des Glaubens, und Glauben mag sich

ändern. Ein Mensch mag sich zu einem bestimmten

Glauben bekennen, und er mag diesen Glauben wechseln

und einen anderen Glauben annehmen, doch sanatanadharma

bezieht sich auf die Tätigkeit, die niemals

gewechselt werden kann. Man kann zum Beispiel nicht die

ßüssigkeit vom Wasser oder die Wärme vom Feuer

trennen. In ähnlicher Weise kann auch die ewige Funktion

des ewigen Lebewesens nicht vom Lebewesen getrennt

werden. Sanatana-dharma ist ewig mit dem Lebewesen

verbunden. Wenn wir von sanatana-dharma sprechen,

müssen wir daher auf der Grundlage der Autorität Sri

Ramanujacaryas anerkennen, dass sanatana-dharma weder

Anfang noch Ende hat. Das, was weder Ende noch Anfang

hat, kann auf keinen Fall sektiererisch sein oder durch

irgendwelche Begrenzungen eingeschränkt werden.

Dennoch werden diejenigen, die einem sektiererischen

Glauben angehören, dieses sanatana-dharma zu Unrecht

ebenfalls für sektiererisch halten. Wenn wir es jedoch etwas

eingehender betrachten und mit den Augen echter

Wissenschaft sehen, werden wir erkennen können, dass

sanatana-dharma die Aufgabe aller Menschen auf der Welt

ist - ja aller Lebewesen im Universum.

Ein Glaube, der nicht sanatana ist, hat in den Annalen der

Menschheitsgeschichte einen Anfang, doch sanatanadharma

hat keinen Anfang, da er mit den Lebewesen ewig

verbunden bleibt. Was die Lebewesen betrifft, so heißt es in

den autoritativen èastras, dass es für das Lebewesen weder

Geburt noch Tod gibt. In der Bhagavad-Gita (2.20) heißt es

eindeutig, dass das Lebewesen niemals geboren wird und

niemals stirbt. Es ist ewig und unzerstörbar und lebt selbst

nach der Zerstörung seines zeitweiligen materiellen

Körpers weiter. In bezug auf den Begriff sanatana-dharma

müssen wir versuchen, von der Sanskritwurzel des Wortes

dharma her die Bedeutung von "Religion" zu verstehen.

Dharma bezieht sich auf das, was mit einem bestimmten

Gegenstand immer verbunden ist. Wie wir bereits

erwähnten, lautet unsere Schlußfolgerung, dass Wärme und

Licht zusammen mit Feuer bestehen; ohne Wärme und

Licht verliert das Wort Feuer seine Bedeutung. In ähnlicher

Weise müssen wir den wesentlichen Teil des Lebewesens

entdecken, das heißt den Teil, der es ständig begleitet.

Dieser ständige Begleiter ist seine ewige Eigenschaft, und

diese ewige Eigenschaft ist seine ewige Religion.

Als Sanatana GosvamÖ Sri Caitanya Mahaprabhu nach dem

svaRupa eines jeden Lebewesens fragte, antwortete der

Herr, das svaRupa oder die wesensgemäße Stellung des

Lebewesens bestehe darin, der Höchsten Persönlichkeit

Gottes zu dienen. Wenn wir diese Erklärung Sri Caitanyas

genauer untersuchen, können wir leicht verstehen, dass

jedes Lebewesen ständig damit beschäftigt ist, einem

anderen Lebewesen zu dienen. Ein Lebewesen dient

anderen Lebewesen in vielerlei Weise, und indem es sich so

verhält, genießt es das Leben. Die niederen Tiere dienen

den Menschen, und Diener dienen ihrem Meister. A dient

dem Meister B; B dient dem Meister C; C dient dem

Meister D, und so fort. So gesehen dient ein Freund seinem

15

Freund; die Mutter dient ihrem Sohn; die Frau dient ihrem

Mann; der Mann dient seiner Frau und so fort. Wenn wir

diese Betrachtungsweise weiter fortsetzen, erkennen wir

bald, dass niemand in der Gesellschaft lebender Wesen vom

Dienen ausgenommen ist. Der Politiker präsentiert sein

Programm der ÷ffentlichkeit, um sie von der Güte seines

Dienstes zu überzeugen. Die Wähler geben dann dem

Politiker ihre wertvollen Stimmen, weil sie glauben, er

werde der Gesellschaft guten Dienst leisten. Der

Ladenbesitzer dient dem Kunden; der Arbeiter dient dem

Kapitalisten; der Kapitalist dient der Familie; die Familie

dient dem Staat, und all dies geschieht aufgrund der ewigen

Eigenschaft des ewigen Lebewesens. Wir sehen also, dass es

kein Lebewesen gibt, das davon ausgenommen ist, anderen

Lebewesen zu dienen, und daher können wir die

Schlußfolgerung ziehen, dass Dienst der ständige Begleiter

des Lebewesens ist, und so kann man mit Gewißheit sagen,

dass Dienen die ewige Religion des Lebewesens darstellt.

Aber dennoch bekennt sich ein Mensch zu einer

bestimmten Glaubensrichtung, die sich von der besonderen

Zeit, den Umständen und seiner Geburt herleitet, und

behauptet somit, Hindu, Moslem, Christ oder Buddhist zu

sein oder irgendeiner anderen Sekte anzugehören. Solche

Bezeichnungen sind jedoch nicht sanatana-dharma. Ein

Hindu mag seinen Glauben wechseln und Moslem werden,

und ein Moslem mag seinen Glauben wechseln und Hindu

oder Christ werden, usw.., doch unter allen Umständen

beeinträchtigt der Wechsel des Glaubens nicht die ewige

Beschäftigung, anderen zu dienen. Der Hindu, Moslem

oder Christ dient unter allen Umständen immer irgend

jemandem. Sich zu einer bestimmten Art von Glauben zu

bekennen bedeutet daher nicht, sich zu seinem sanatanadharma

zu bekennen. Der ständige Begleiter des

Lebewesens, das heißt Dienen, ist sanatana-dharma.

Tatsächlich sind wir mit dem Höchsten Herrn durch eine

Beziehung des Dienstes verbunden. Der Höchste Herr ist

der Höchste Genießer, und wir Lebewesen sind ewiglich

Seine Diener. Wir sind für Seinen Genuß geschaffen, und

wenn wir an diesem ewigen Genuß der Höchsten

Persönlichkeit Gottes teilnehmen, werden wir glücklich

werden. Wir können nicht auf andere Weise glücklich

werden. Es ist nicht möglich, unabhängig glücklich zu sein,

ebenso wie kein Teil des Körpers glücklich sein kann, ohne

mit dem Magen zusammenzuarbeiten. In ähnlicher Weise

ist es für das Lebewesen nicht möglich, glücklich zu sein,

ohne dem Höchsten Herrn in transzendentaler Liebe zu

dienen.

Verschiedene Halbgötter zu verehren oder ihnen zu dienen

wird in der Bhagavad-Gita nicht gutgeheißen. Im
zwanzigsten Vers des Siebten Kapitels heißt es:

Diejenigen, deren Geist durch materielle Wünsche verzerrt

ist, ergeben sich Halbgöttern und folgen, ihrem eigenen

Wesen entsprechend, bestimmten Regeln und Vorschriften

zur Verehrung."

Hier heißt es eindeutig, dass diejenigen, die von Lust

getrieben werden, die Halbgötter, und nicht den Höchsten

Herrn, Sri Krsna, verehren. Wenn wir den Namen Krsna

erwähnen, beziehen wir uns nicht auf irgendeinen

sektiererischen Namen. Krsna bedeutet die höchste Freude,

und es wird bestätigt, dass der Höchste Herr das Behältnis

oder der Speicher aller Freude ist. Wir alle sehnen uns nach

Freude. önandamayo ëbhyasat (Vs. 1.1.12). Die Lebewesen

sind, genau wie der Herr, von Bewußtsein erfüllt und

streben nach Glück. Der Herr ist immer glücklich, und

wenn wir mit dem Herrn zusammenkommen, Ihm dienen

und mit Ihm zusammenarbeiten, werden wir ebenfalls

glücklich.

Der Herr kommt in diese vergängliche Welt, um Seine

transzendentalen Spiele, die voller Glück sind, in

Vçndavana zu offenbaren. Als Sri Krsna Sich in Vçndavana

aufhielt, waren alle Seine Spiele mit Seinen Freunden, den

Kuhhirtenjungen, mit Seinen gopÖ-Freundinnen, mit den

Bewohnern von Vçndavana und mit den Kühen von Glück

erfüllt. Alle Bewohner von Vçndavana kannten nichts

anderes als Krsna. Sri Krsna brachte Seinen Vater, Nanda

Maharaja, sogar dazu, von der Verehrung des Halbgottes

Indra abzulassen, weil Er klarstellen wollte, dass die

Menschen keinen Halbgott zu verehren brauchen, sondern

nur die Höchste Persönlichkeit Gottes, da das endgültige

Ziel des menschlichen Lebens darin besteht, in das Reich

des Höchsten Herrn zurückzukehren.
Das Reich Sri Krsnas wird in der Bhagavad-Gita im

sechsten Vers des Fünfzehnten Kapitels beschrieben:

"Mein Reich wird weder von der Sonne noch vom Mond,

noch von Elektrizität

erleuchtet. Jeder, der dorthin gelangt, kehrt niemals wieder

in die materielle Welt zurück."

Dieser Vers gibt eine Beschreibung des ewigen Himmels.

Natürlich ist unsere Auffassung von einem Himmel

materiell, und daher denken wir an einen Himmel mit

Sonne, Mond, Sternen usw., doch in diesem Vers sagt der

Herr, dass im ewigen Himmel weder Sonne noch Mond,

noch irgendeine Art von Elektrizität oder Feuer zur

Beleuchtung notwendig sind, da der spirituelle Himmel

vom brahmajyoti erleuchtet wird, das heißt von den

Strahlen, die vom höchsten Reich ausgehen. Da heutzutage

die Menschheit versucht, zu anderen Planeten zu gelangen,

wird es uns nicht allzu schwer fallen, das Reich des

Höchsten Herrn zu verstehen. Dieses Reich liegt im

spirituellen Himmel und wird Goloka genannt. Es wird in

der Brahma-saàhita sehr schön beschrieben: Der Herr weilt ewig

in Seinem Reich Goloka, aber dennoch ist Er akhilatmabhôtaÉ,

das heißt, man kann sich Ihm von dieser Welt aus

nähern, und zu diesem Zweck erscheint der Herr und

manifestiert Seine wirkliche Gestalt, sac-cid-anandavigraha,

so dass wir nicht über Sein Aussehen zu

spekulieren brauchen. Um derartige Spekulationen zu

verhindern, erscheint Er Selbst und offenbart Sich, wie Er

16

ist, als Syamasundara. Unglückseligerweise verspotten Ihn

weniger intelligente Menschen (avajananti maà môÅha;

Bg. 9.11), da Er wie ein gewöhnlicher Mensch erscheint

und mit uns in menschlicher Gestalt spielt. Wir sollten

daher nicht denken, der Herr sei ein gewöhnlicher Mensch.

Durch Seine eigene Kraft erscheint Er vor uns in Seiner

wirklichen Gestalt und entfaltet Seine Spiele, die Urbilder

jener Spiele sind, die in Seinem Reich stattfinden.

In den leuchtenden Strahlen des spirituellen Himmels

schweben unzählige Planeten, ebenso wie in unserem

Universum zahllose Planeten in den Strahlen der Sonne

schweben. Das brahmajyoti geht vom höchsten Reich,

Krsnaloka, aus, und in diesen Strahlen schweben die

anandamaya-cinmaya-Planeten, die nicht materiell sind.

Der Herr sagt:

Wer den spirituellen Himmel erreicht, braucht nicht wieder

in die materielle Welt zurückzukehren. Selbst wenn wir uns

im materiellen Himmel dem höchsten Planeten

(Brahmaloka) zuwenden, vom Mond ganz zu schweigen,

werden wir die gleichen Leiden des materiellen Lebens,

nämlich Geburt, Tod, Alter und Krankheiten, vorfinden.

Kein Planet im materiellen Universum ist von diesen vier

Prinzipien des materiellen Daseins frei. Deshalb sagt der

Herr in der Bhagavad-Gita (8.16): Die Lebewesen reisen von Planet zu

Planet, jedoch nicht einfach mit mechanischen Mitteln wie

Raumschiffen. Jeder, der zu anderen Planeten reisen

möchte, kann dies tun. Es gibt hierfür einen Vorgang: Wenn

jemand zu irgendeinem anderen Planeten reisen möchte,

sagen wir zum Mond, braucht er dies nicht mit einem

Raumschiff zu versuchen. Die Bhagavad-Gita unterrichtet

uns: yanti deva-vrata devan. Den Mond, die Sonne und die

höheren Planeten bezeichnet man als svargaloka. Es gibt

verschiedene Abstufungen unter den Planetensystemen:

Bhôrloka, Bhuvarloka und Svarloka oder untere,- mittlere

und obere Planetensysteme. Die Bhagavad-Gita teilt uns

mit, wie wir anhand einer sehr einfachen Formel zu den

höheren Planetensystemen reisen können: yanti-deva-vrata

devan. Wenn wir einen bestimmten Halbgott verehren,

können wir auch den jeweiligen Planeten erreichen.

Auf diese Weise können wir den Mond, die Sonne oder

jeden anderen himmlischen Planeten erreichen, doch die

Bhagavad-Gita empfiehlt uns nicht, zu irgendeinem

Planeten in der materiellen Welt zu gehen, denn selbst

wenn wir mit Hilfe einer Art Rakete Brahmaloka, den

höchsten Planeten, nach einer vielleicht vierzigtausend

Jahre dauernden Reise erreichten, mußten wir die

Wiederholung von Geburt und Tod erleiden. Natürlich ist

es nicht möglich, vierzigtausend Jahre zu leben und so den

höchsten Planeten dieses materiellen Universums zu

erreichen, aber wenn man sein ganzes Leben der Verehrung

eines bestimmten Halbgottes weiht, kann man auf dessen

Planeten gelangen, wie es in der Bhagavad-Gita
beschrieben ist:
In ähnlicher Weise kann man auch den höchsten

Planeten, Krsnaloka, erreichen. Unter all den vielen

Planeten in der spirituellen Welt gibt es einen höchsten

Planeten, der Goloka Vçndavana genannt wird; dies ist der

ursprüngliche Planet im Reich der ursprünglichen

Persönlichkeit Gottes, Sri Krsnas. All dies erfahren wir aus

der Bhagavad-Gita, und ihre Unterweisung bietet uns die

Gelegenheit, die materielle Welt zu verlassen und unser

ewiges Leben im ewigen Königreich zu erlangen.

Im Fünfzehnten Kapitel der Bhagavad-Gita wird eine

treffende Darstellung der materiellen Welt gegeben. Es

heißt dort:

Der Höchste Herr sprach: "Es gibt einen Banyanbaum,

dessen Wurzeln nach oben und dessen Zweige nach unten

zeigen, und die vedischen Hymnen sind seine Blätter. Wer

diesen Baum kennt, kennt die Veden." (Bg. 15.1)

Hier wird die materielle Welt als ein Baum beschrieben,

dessen Wurzeln nach oben zeigen (ôrdhva-môlam). Auch

in unserem Erfahrungsbereich gibt es einen Baum, dessen

Wurzeln nach oben zeigen: Wenn man am Ufer eines

ßusses oder Gewässers steht, kann man sehen, dass die

Bäume im Wasser umgekehrt gespiegelt werden. Die

Zweige zeigen nach unten und die Wurzeln nach oben. In

ähnlicher Weise ist die materielle Welt eine Spiegelung der

spirituellen Welt. Die materielle Welt ist nichts weiter als

ein Schatten der Wirklichkeit. Der Schatten hat keine

Wirklichkeit oder Substanz, doch können wir anhand des

Schattens verstehen, dass es die Wirklichkeit gibt. In der

Wüste gibt es kein Wasser, aber eine Luftspiegelung läßt

darauf schließen, dass so etwas wie Wasser existiert. In der

materiellen Welt gibt es kein Wasser bzw. kein Glück - das

wirkliche Wasser tatsächlichen Glücks ist in der spirituellen

Welt zu finden.

Der Herr legt uns nahe, die spirituelle Welt auf folgende

Weise zu erreichen:
"Wer von Illusion, falschem Prestige und falscher

Gemeinschaft frei ist, wer das Ewige versteht, die

materielle Lust hinter sich gelassen hat und von der

Dualität von Glück und Leid befreit ist und wer weiß, wie

man sich der Höchsten Person ergibt, erreicht dieses ewige

Königreich." (Bg. 15.5)
Dieses padam avyayam oder ewige Königreich kann

jemand erreichen, der nirmana moha ist. Nirmana bedeutet,

dass wir nach Bezeichnungen streben: Jemand möchte

Sohn, ein anderer Herr und wieder ein anderer Präsident

oder ein reicher Mann oder König oder irgend etwas

anderes werden. Solange wir an solchen Bezeichnungen

haften, sind wir an den Körper gebunden, denn
17

Bezeichnungen gehören zum Körper. Wir sind aber nicht

unser Körper, und diese Erkenntnis bildet die erste Stufe

spiritueller Verwirklichung. Jita-saâga-dosa: Wir sind mit

den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur

verbunden, müssen uns jedoch durch hingebungsvollen

Dienst für den Herrn von ihnen lösen. Solange wir uns

nicht zum hingebungsvollen Dienst für den Herrn
hingezogen fühlen, können wir uns nicht von den

Erscheinungsweisen der materiellen Natur lösen. Deshalb

sagt der Herr: vinivçtta-kamaÉ. Diese Bezeichnungen und

Anhaftungen sind zurückzuführen auf unsere Lust und

unser Begehren, das heißt unser Verlangen, die materielle

Natur zu beherrschen. Solange wir diese Neigung, die

materielle Natur zu beherrschen, nicht aufgeben, besteht

keine Möglichkeit, in das Königreich des Höchsten, das

sanatana-dhama, zurückzukehren. In dieses ewige

Königreich, das niemals zerstört wird wie die materielle

Welt, kann jemand eingehen, der von den Verlockungen

falscher Genüsse nicht verwirrt ist (amôÅhaÉ). Wer im

erhabenen Dienst des Höchsten Herrn verankert ist, kann

sehr leicht in dieses ewige Königreich zurückkehren.

Dieses ewige Königreich benötigt weder Sonne noch

Mond, noch Elektrizität. Somit haben wir also einen

kleinen Einblick bekommen, wie man dieses ewige
Königreich erreichen kann.

An einer anderen Stelle in der Bhagavad-Gita heißt es:

"Dieses höchste Reich wird unmanifestiert und unfehlbar

genannt und ist das höchste Ziel. Geht jemand dorthin,

kehrt er nie wieder zurück. So beschaffen ist Mein höchstes

Reich." (Bg. 8.21)

Avyakta bedeutet unmanifestiert. Nicht einmal in der

materiellen Welt ist uns alles sichtbar. Unsere Sinne sind so

unvollkommen, dass wir nicht einmal alle Sterne und

Planeten in diesem einen materiellen Universum sehen

können. Die vedischen Schriften geben uns viele Auskünfte

über die verschiedenen Planeten, und es liegt an uns, dieses

Wissen anzunehmen oder nicht. Alle wichtigen Planeten

werden in den vedischen Schriften, vor allem im Srimad-

Bhagavatam, beschrieben; doch die spirituelle Welt, die

jenseits des materiellen Universums liegt (paras tasmat tu

bhavo 'nyo; Bg. 8.20), wird als avyakta (unmanifestiert)

beschrieben, und sie ist das paramaà gatim (höchste Ziel).

Unser ganzes Wünschen und Sehnen sollte darauf gerichtet

sein, in dieses höchste Königreich zu gelangen, denn wenn

man es erreicht (yaà prapya), braucht man nicht wieder in

die materielle Welt zurückzukehren (na nivartante).

Als nächstes mag man sich die Frage stellen, wie man sich

diesem Reich des Höchsten Herrn nähern kann. In der

Bhagavad-Gita wird in den Versen 5-8 des Achten Kapitels

der Vorgang beschrieben. Es heißt dort zum Beispiel:

"Wer immer sich im Augenblick des Todes, wenn er seinen

Körper verläßt, an Mich erinnert, erreicht sogleich Mein

Reich. Darüber besteht kein Zweifel." (Bg. 8.5)

Jeder, der zur Stunde des Todes an Krsna denkt, gelangt zu

Krsna. Man muß sich an die Gestalt Krsnas erinnern, denn

wenn man seinen Körper verläßt und an Seine Gestalt

denkt, geht man in das spirituelle Königreich ein. Madbhavam

bezieht sich auf die transzendentale Natur des

Höchsten Wesens. Wie oben beschrieben wurde, ist das

Höchste Wesen sac-cid-ananda-vigraha - ewig, glückselig

und voller Wissen. Unser gegenwärtiger Körper jedoch ist

nicht sac-cid-ananda. Er ist nicht sat, sondern asat - nicht

ewig, sondern vergänglich, und er ist nicht cit, voller

Wissen, sondern voller Unwissenheit. Wir haben kein

Wissen vom spirituellen Königreich - wir besitzen nicht

einmal vollkommenes Wissen von der materiellen Welt, in

der uns so viele Dinge unbekannt sind. Auch ist der Körper

nirananda - statt voller Glückseligkeit ist er voller Leid.

Alle Leiden, die wir in der materiellen Welt erfahren, haben

ihre Ursache im Körper; doch wer den Körper verläßt und

dabei an die Höchste Persönlichkeit Gottes denkt, erlangt,

wie uns Sri Krsna im fünften Vers des Achten Kapitels

versichert, augenblicklich einen sac-cid-ananda-Körper.

Auf welche Weise man in der materiellen Welt den einen

Körper verläßt und einen neuen bekommt, ist ebenfalls

festgelegt. Ein Mensch stirbt, nachdem entschieden worden

ist, welche Art von Körper er im nächsten Leben haben

wird; aber diese Entscheidung wird von höheren

Autoritäten gefällt, ebenso wie wir unseren Tätigkeiten in

diesem Leben gemäß aufsteigen oder hinabsinken. Das

gegenwärtige Leben ist eine Vorbereitung auf das nächste

Leben. Wenn wir uns daher in diesem Leben darauf

vorbereiten können, zum Königreich Gottes erhoben zu

werden, werden wir sicherlich nach dem Verlassen dieses

materiellen Körpers einen spirituellen Körper wie der Herr

bekommen.

Wie zuvor erklärt wurde, gibt es verschiedene Arten von

Transzendentalisten (den brahmavadi, den paramatmavadi

und den Gottgeweihten), und wie erwähnt wurde, schweben

im brahmajyoti (im spirituellen Himmel) unzählige

spirituelle Planeten. Die Zahl dieser Planeten ist weitaus

größer als die aller Planeten der materiellen Welt. Unsere

materielle Welt ist auf etwa nur ein Viertel der gesamten

Schöpfung geschätzt worden. Drei Viertel der Schöpfung

bildet die spirituelle Welt. In diesem einen Viertel der

Schöpfung gibt es Millionen von Universen, wie das, von

dem wir jetzt Erfahrung haben, und in nur einem dieser

Universen schweben schon Millionen und Abermillionen

von Planeten, aber diese ganze materielle Welt bildet nur

ein Viertel der Manifestation der Gesamtschöpfung. Die

anderen drei Viertel der Manifestation befinden sich im

spirituellen Himmel. Kommen wir in diesem

Zusammenhang noch einmal auf die Bedeutung von madbhavam

zurück. Wer den Wunsch hat, mit der Existenz des
Höchsten Brahman zu verschmelzen, geht in das
brahmajyoti des Höchsten Herrn ein - mad-bhavam

bedeutet sowohl brahmajyoti als auch die spirituellen

Planeten in diesem brahmajyoti -, und der Gottgeweihte,

der sich des persönlichen Zusammenseins mit dem Herrn

erfreuen möchte, gelangt auf einen der unzähligen
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Vaikuäòha-Planeten, wo Sich der Höchste Herr, Sri Krsna,

durch Seine vollständigen Erweiterungen als vierarmiger

Narayaäa und unter verschiedenen Namen wie Pradyumna,

Aniruddha, Madhava und Govinda zu ihm gesellt. Die

Transzendentalisten, die am Ende ihres Lebens entweder an

das brahmajyoti, den Paramatma oder die Höchste

Persönlichkeit Gottes, Sri Krsna, denken, gehen in jedem

Fall in den spirituellen Himmel ein, doch nur der

Gottgeweihte, das heißt derjenige, der eine persönliche

Beziehung zum Herrn hat, erreicht die Vaikuäòha-Planeten

oder Goloka Vçndavana. Krsna fügt hinzu: sa mad-bhavam

yati nasty atra saàèayah. "Hierüber besteht kein Zweifel."

Darauf muß man fest vertrauen. Das ist unser Problem. Wir

lesen unser ganzes Leben hindurch die Bhagavad-Gita, aber

wenn der Herr etwas sagt, was nicht unserer Vorstellung

entspricht, lehnen wir es ab. So sollte man die Bhagavad-Gita

nicht lesen. Wir sollten uns an Arjuna ein Beispiel

nehmen, der sagte: sarvam etad çtaà manye. "Ich glaube

alles, was Du gesagt hast." (Bg. 10.14) Wenn der Herr

daher sagt, dass jeder, der zur Stunde des Todes an Ihn

entweder als Brahman oder als Paramatma oder als die

Persönlichkeit Gottes denkt, gewiß den spirituellen Himmel

erreicht und dass hierüber kein Zweifel besteht, sollte man

diesen Worten Glauben schenken.

"Den Seinszustand, an dem man sich beim Verlassen seines

Körpers erinnert, wird man ohne Zweifel erreichen." (Bg.

8.6)

Die materielle Natur wird von einer der Energien des

Höchsten Herrn manifestiert. Im Visnu Puraäa werden alle

Energien des Höchsten Herrn zusammenfassend
beschriebene. Es heißt dort:

"Die Kraft Sri Visnus wird in drei Kategorien unterteilt,

nämlich die spirituelle Kraft, die Lebewesen und

Unwissenheit. Die spirituelle Kraft ist voller Wissen; die

Lebewesen, obwohl der spirituellen Kraft zugehörig,

unterliegen der Verwirrung, und die dritte Energie, die von

Unwissenheit erfüllt ist, ist immer in fruchtbringenden

Tätigkeiten sichtbar."

Parasya èaktir vividhaiva èrôyate (Svet. U. 6.8). Der

Höchste Herr verfügt über unzählige verschiedene

Energien, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens

liegen, doch haben große Weise oder befreite Seelen diese

Energien studiert und sie dreifach unterteilt. Alle Energien

sind Visnu-èakti, das heißt verschiedene Kräfte Visnus.

Visnu-èakti ist para oder transzendental. Die ksetrajÒas

oder Lebewesen gehören ebenfalls zur höheren Energie,

wie bereits erklärt wurde. Die andere, materielle Energie ist

avidya-karma-saàjÒanya - sie befindet sich in der

Erscheinungsweise der Unwissenheit. Das ist die materielle

Energie. Zur Stunde des Todes können wir entweder in der

materiellen Welt bleiben oder uns zur spirituellen Welt

erheben.
Wir denken entweder an die materielle oder an die

spirituelle Energie. Es gibt viele Schriften, die unsere

Gedanken mit materiellen Dingen füllen - Zeitungen,

Romane usw. -, doch wir sollten unser Denken, das

gegenwärtig in solche Literatur vertieft ist, auf die

vedischen Schriften lenken. Die großen Weisen haben

daher viele vedische Schriften, wie zum Beispiel die

Puraäas usw., verfaßt. Die Puraäas entspringen nicht der

Phantasie irgendwelcher Menschen, sondern sind
historische Aufzeichnungen.

Im Caitanya-caritamçta finden wir den folgenden Vers:

"Die bedingte Seele kann ihr Krsna-Bewußtsein nicht aus

eigener Kraft wiederbeleben; doch aus grundloser

Barmherzigkeit verfaßte Sri Krsna die vedische Literatur

und ihre Zusätze, die Puraäas." (Cc. M. 20.122)

Die vergeßlichen Lebewesen oder bedingten Seelen haben

ihre Beziehung zum Höchsten Herrn vergessen und denken

nur an materielle Tätigkeiten. Nur um ihre Denkkraft auf

den spirituellen Himmel zu lenken, hat uns Krsnadvaipayana

Vyasa eine große Anzahl vedischer Schriften

gegeben. Zunächst unterteilte Er den einen Veda in vier

Teile; darauf erklärte Er diese Teile in den Puraäas, und für

weniger befähigte Menschen schrieb Er das Mahabharata.

Im Mahabharata ist die Bhagavad-Gita enthalten. Dann

faßte Er alle vedischen Schriften im Vedanta-sôtra

zusammen und gab uns zur zukünftigen Wegweisung einen

natürlichen Kommentar zum Vedanta-sôtra - das Srimad-

Bhagavatam. Wir müssen unseren Geist ständig damit

beschäftigen, diese vedischen Schriften zu lesen. Ebenso

wie Materialisten ständig damit beschäftigt sind, Zeitungen,

Magazine, Erzählungen, Romane, wissenschaftliche

Essays, philosophische Abhandlungen und viele andere

Arten materialistischer Literatur zu lesen, so müssen wir

uns dem Lesen der vedischen Schriften widmen, die uns

von Vyasadeva gütigerweise gegeben wurden; dann wird es

uns durchaus möglich sein, uns zur Stunde des Todes an

den Höchsten Herrn zu erinnern. Das ist der einzige Weg,

und der Herr garantiert das Ergebnis: asaàèayaÉ.

ÑHierüber besteht kein Zweifel." Der Herr rät Arjuna:

tasmat sarvesu kalesu mam anusmara yudhya ca. "Daher, o

Arjuna, solltest du immer an Mich in Meiner Form als

Krsna denken und zugleich deine vorgeschriebene Pflicht

des Kämpfens erfüllen." (Bg. 8.7)

Er rät Arjuna nicht, sich einfach nur an Ihn zu erinnern und

seine Tätigkeit aufzugeben. Nein, so lautet der Vorschlag

nicht. Der Herr schlägt niemals etwas Unpraktisches vor. In

der materiellen Welt muß man arbeiten, um den Körper zu

erhalten. Die menschliche Gesellschaft wird in

Entsprechung zu den verschiedenen Beschäftigungen in

vier soziale Klassen unterteilt: brahmaäas, ksatriyas,

vaièyas und èôdras. Die intelligente Klasse (brahmaäas)

arbeitet in einer bestimmten Weise; die verwaltende Klasse

(ksatriyas) arbeitet in anderer Weise, und auch der

handeltreibenden oder erzeugenden Klasse (vaièyas) sowie

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den Arbeitern (èôdras) sind bestimmte Pflichten gegeben.

In der menschlichen Gesellschaft muß man arbeiten, um

seine Existenz zu erhalten, ganz gleich ob man Arbeiter,

Kaufmann, Politiker oder Beamter ist oder als gebildeter

Mensch, wie zum Beispiel als Wissenschaftler, der

höchsten Klasse angehört. Der Herr sagt daher zu Arjuna:

"Du brauchst deine Beschäftigung nicht aufzugeben; aber

während du deiner Tätigkeit nachgehst, kannst du dich an

Mich, Krsna, erinnern (mam anusmaran), und das wird dir

helfen, dich auch in der Todesstunde an Mich zu erinnern.

Wenn du dich nicht darin übst, dich immer an Mich zu

erinnern, während du um deine Existenz kämpfst, wird es

dir zum Zeitpunkt des Todes nicht möglich sein." Sri Krsna

Caitanya gibt uns den gleichen Rat: Er sagt, man solle sich darin üben, sich an den Herrn zu

erinnern, indem man ständig Seine Namen chantet (spricht

oder singt). Die Namen des Herrn und der Herr Selbst sind

nicht voneinander verschieden. Sri Krsnas Unterweisung an

Arjuna "Erinnere dich einfach an Mich" und Sri Caitanyas

Weisung "Chante immer die Namen Sri Krsnas" sind die

gleiche Anweisung. Es besteht kein Unterschied, denn

Krsna und Krsnas Name sind nicht voneinander

verschieden. Auf der absoluten Ebene gibt es keinen

Unterschied zwischen dem Gesprochenen und dem

Sprecher. Deshalb müssen wir uns darin üben, uns immer

(tasmat sarvesu kalesu), vierundzwanzig Stunden am Tag,

an Krsna zu erinnern, indem wir Seine Namen chanten und

unser Tun in solche Bahnen lenken, dass wir uns ständig an

Ihn erinnern können.

Wie ist dies möglich? Die acaryas geben das folgende,

recht deutliche Beispiel: Wenn sich eine verheiratete Frau

zu einem anderen Mann hingezogen fühlt oder ein Mann

eine andere Frau als seine eigene liebt, gilt diese Anziehung

als sehr stark. In einem solchen Zustand denkt man ständig

an den Geliebten oder die Geliebte. Die Frau, die mit ihren

Gedanken ständig bei ihrem Geliebten weilt, denkt immer

daran, mit ihm zusammenzukommen - selbst wenn sie mit

der Erfüllung ihrer HaushaltsPflichten beschäftigt ist, ja sie

geht ihrer Hausarbeit sogar noch sorgfältiger nach, damit

ihr Ehemann keinen Verdacht schöpft. In ähnlicher Weise

sollten wir uns ständig an den höchsten Gemahl, Sri Krsna,

erinnern, doch zur gleichen Zeit unseren materiellen

Pflichten gewissenhaft nachkommen. Das ist durchaus

möglich. Dazu ist nur starke Liebe notwendig. Wenn wir

für den Höchsten Herrn starke Liebe empfinden, können

wir unsere Pflicht erfüllen und uns zur gleichen Zeit an Ihn

erinnern. Wir müssen daher diese Liebe entwickeln. Arjuna

zum Beispiel dachte immer an den Herrn; er konnte Krsna

während der vierundzwanzig Stunden des Tages nicht

einmal eine Sekunde vergessen; er war der ständige

Begleiter Krsnas, und gleichzeitig war er Krieger. Krsna

gab ihm nicht den Rat, das Kämpfen aufzugeben und in den

Wald oder den Himalaya zu gehen, um zu meditieren, und

als Sri Krsna Arjuna das yoga-System beschrieb, erklärte

Arjuna, dass es für ihn nicht möglich sei, dieses System zu

praktizieren:

"Arjuna sagte: O Madhusudana, das yoga-System, das Du

zusammengefaßt hast, erscheint mir undurchführbar und

unerträglich, denn der Geist ist ruhelos und unstet." (Bg.

6.33)
Doch der Herr sagte:

"Von allen yogÖs ist der am engsten mit Mir in yoga vereint,

der mit starkem Glauben immer in Mir weilt und Mich im

transzendentalen liebevollen Dienst verehrt, und er ist der

höchste von allen." (Bg. 6.47)
Wer also ständig an den Höchsten Herrn denkt, ist

gleichzeitig der größte yogÖ, der hervorragendste jÒanÖ und

der größte Gottgeweihte. Krsna teilte Arjuna weiter mit:

"Als ksatriya kannst du das Kämpfen nicht aufgeben, aber wenn

du dich darin übst, dich zur gleichen Zeit immer an Mich

zu erinnern, wirst du imstande sein, dich auch in der

Todesstunde an Mich zu erinnern." Der Herr sagt, es gebe

gar keinen Zweifel, wenn man sich mit völliger

Ergebenheit in Seinem transzendentalen liebevollen Dienst

betätige. Denn wir handeln im Grunde nicht mit unserem

Körper, sondern mit unserem Geist und unserer Intelligenz.

Wenn also unsere Intelligenz und unser Geist immer in

Gedanken mit dem Höchsten Herrn beschäftigt sind, dann

sind unsere Sinne natürlicherweise ebenfalls in Seinem

Dienst tätig. Das ist das Geheimnis der Bhagavad-Gita.

Man muß diese Kunst erlernen, wie man nämlich mit Geist

und Intelligenz vierundzwanzig Stunden täglich in

Gedanken beim Herrn sein kann, und solche Versenkung

wird uns dann, wenn wir den materiellen Körper verlassen,

helfen, uns zum Königreich des Herrn, in die spirituelle

Sphäre, zu erheben.

Moderne Wissenschaftler haben jahrelang vergeblich

versucht, den Mond zu erreichen, doch hier erfahren wir

aus der Bhagavad-Gita, dass sich ein Mensch, der vielleicht

fünfzig Jahre zu leben hat, besser spirituell erheben sollte.

Natürlich versucht heutzutage niemand, sich fünfzig Jahre

lang spirituell zu erheben, wenngleich dies ein guter

Gedanke ist; doch selbst wenn man sich nur zehn oder fünf

Jahre ernsthaft in dieser Praxis übt, wird dies einen Nutzen

haben. Der Vorgang der Hingabe besteht aus:
Dies sind die neun Vorgänge des hingebungsvollen

Dienstes. Der leichteste besteht darin, einfach zu hören.

Wenn man die Bhagavad-Gita oder das Srimad

Bhagavatam von einer verwirklichten Seele hört, wird das

dazu führen, dass man vierundzwanzig Stunden am Tag an

das Höchste Wesen denken kann, was letztlich bewirken

wird, dass man sich an den Höchsten Herrn erinnert, und so

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werden wir, wenn wir diesen Körper verlassen, einen

spirituellen Körper bekommen, der für die Gemeinschaft

mit dem Höchsten Herrn geeignet ist. Der Herr sagt daher:

"O Partha, wer sich in diesem Erinnern übt, ohne abzuirren,

und ständig an den Höchsten Gott denkt, erreicht mit

Sicherheit den Planeten des Göttlichen, der Höchsten

Persönlichkeit." (Bg. 8.8)

Ständig nur an den Herrn zu denken - das ist kein allzu

schwieriger Vorgang. Man muß dies jedoch von jemand

lernen, der darin bereits erfahren ist. Der Geist wandert

ständig hin und her; deshalb muß man sich unablässig darin

üben, den Geist auf die Gestalt des Höchsten Herrn, Sri

Krsna, oder den Klang Seines Namens zu richten, wobei

letzteres sehr viel leichter ist. Der Geist ist von Natur aus

ruhelos, doch er kann in der Klangschwingung des Heiligen

Namens Ruhe finden. Man muß daher über den paramaà

purusam, die Höchste Person, meditieren, und auf diese

Weise wird man Ihn erreichen. Die Methoden oder Wege

und Mittel zur letztlichen Verwirklichung, zum endgültigen

Ziel, werden alle in der Bhagavad-Gita aufgeführt, und für

niemand bestehen irgendwelche Schranken. Es ist nicht so,

dass sich nur eine bestimmte Klasse von Menschen an den

Herrn wenden kann. An Sri Krsna zu denken oder über Ihn

zu hören ist jedem möglich, und der Herr sagt in der

Bhagavad-Gita:

"O Sohn Prthas, diejenigen, die bei Mir Zuflucht suchen,

können das höchste Ziel erreichen - auch wenn sie von

niederer Geburt sind, wie Frauen, vaièyas (Kaußeute) oder

auch èôdras (Arbeiter). Wieviel vortrefßicher sind dann die

brahmaäas, die Rechtschaffenen, die Gottgeweihten und

die heiligen Könige, die Mir in dieser zeitweiligen, elenden

Welt in Liebe dienen." (Bg. 9.32-33)
Der Herr sagt, selbst Menschen auf der untersten

Lebensstufe (Kaußeute, Frauen oder Arbeiter) könnten ihn

erreichen. Kaußeute, Arbeiter und Frauen werden in die

gleiche Kategorie eingereiht, weil ihre Intelligenz nicht so

sehr entwickelt ist, doch sagt der Herr, dass auch sie Ihn

erreichen können. Und nicht nur sie, sondern sogar

Menschen, die noch tiefer stehen, haben diese Möglichkeit.

Jeder, ganz gleich wer es ist, der sich an diesen Grundsatz

des bhakti-yoga hält und den Höchsten Herrn als das

summum bonum des Lebens, das höchste Ziel, anerkennt,

kann den Herrn in der spirituellen Welt erreichen. Wenn

man den Prinzipien folgt, die in der Bhagavad-Gita

niedergelegt sind, kann man sein Leben zur

Vollkommenheit führen und eine endgültige Lösung für

alle Probleme des Lebens schaffen, die aus dem

vergänglichen Wesen des materiellen Daseins entstehen.

Das ist die Essenz der gesamten Bhagavad-Gita. Die

Schlußfolgerung lautet daher, dass es sich bei der

Bhagavad-Gita um eine transzendentale Schrift handelt, die

man sehr sorgfältig lesen sollte (Gita-bhasyam idaà

punyaà yat patet vrajata puman), und wenn man ihren

Anweisungen in rechter Weise nachkommt, so wird dies

zur Folge haben, dass man von allen Leiden, Sorgen und

Ängsten des Lebens frei wird und im nächsten Leben einen

spirituellen Körper bekommt.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich daraus, dass jemandem, der

die Bhagavad-Gita sehr aufrichtig und mit allem Ernst liest,

durch die Gnade des Herrn die Reaktionen auf seine

vergangenen Missetaten nichts anhaben können. Im letzten

Teil der Bhagavad-Gita versichert Sri Krsna: ahaà tvaà

sarva-papebhyo moksayisyami ma èucaÉ. Der Herr

übernimmt alle Verantwortung für jemand, der sich Ihm

ergibt, und Er nimmt allen Reaktionen auf Sünden die

Wirkung.

"Man reinigt sich täglich, indem man badet, doch wer nur

einmal ein Bad im heiligen Gaâga-Wasser der Bhagavad-Gita

nimmt, wäscht allen Schmutz des materiellen Lebens

fort."

Da die Bhagavad-Gita von der Höchsten Persönlichkeit

Gottes gesprochen ist, braucht man keine andere vedische

Schrift zu lesen. Es genügt, nur die Bhagavad-Gita

aufmerksam und regelmäßig zu hören und zu lesen, und

man soll sich dieser Methode unter allen Umständen

zuwenden, denn in der heutigen Zeit sind die Menschen so

sehr von weltlichen Tätigkeiten in Anspruch genommen,

dass es ihnen kaum möglich ist, alle vedischen Schriften zu

lesen. Aber das ist auch nicht notwendig. Dieses eine Buch,

Bhagavad-Gita, wird ausreichen, denn es ist die Essenz

aller
vedischen Schriften und wurde von der Höchsten
Persönlichkeit Gottes gesprochen.
Man sagt, wer das Wasser der Gaâga trinke, werde

ebenfalls erlöst, ganz zu schweigen also von jemand, der

den Nektar der Bhagavad-Gita trinkt. Die Gita ist der

Nektar des Mahabharata, das von Visnu Selbst gesprochen

21

wurde. Sri Krsna ist der ursprüngliche Visnu. Die Gita

stammt aus dem Mund der Höchsten Persönlichkeit Gottes,

und die Gaâga geht von den Lotosfüßen des Herrn aus.

Natürlich besteht zwischen dem Mund und den Füßen des

Höchsten Herrn kein Unterschied, doch kommt man bei

einer neutralen Studie zu dem Schluß, dass die Bhagavad-Gita

noch wichtiger ist als die Gaâga.

Diese GÖtopanisad ist genau wie eine Kuh, und Sri Krsna,

der als Kuhhirtenjunge berühmt ist, melkte diese Kuh. Die

Gita ist die Essenz aller Upanisaden und wird mit einer

Kuh verglichen, und weil der Herr ein geschickter

Kuhhirtenjunge ist, melkt Er die Kuh; Arjuna (parthavatsa),

der einem Kalb gleicht, und große Gelehrte und

Gottgeweihte (suri-bhakta) sind dazu ausersehen, die Milch

entgegenzunehmen. Die nektargleiche Milch der

Bhagavad-Gita ist für gelehrte Gottgeweihte bestimmt.

Die Welt sollte aus der Bhagavad-Gita die folgende Lehre

ziehen:

Devaki-putra-Gitam. Es gibt nur eine gemeinsame Schrift

für die gesamte Menschheit - die Bhagavad-Gita. es gibt

nur einen Gott für die ganze Welt
- Sri Krsna. Es gibt nur eine

Hymne oder einen mantra, ein Gebet, nämlich Seinen

Namen zu chanten - Hare Krsna, Hare Krsna, Krsna Krsna ,

Hare Hare / Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare

Hare, und karmapy ekaà tasya devasya seva: Es gibt nur

eine Tätigkeit - der Höchsten Persönlichkeit Gottes zu

dienen.
DIE NACHFOLGE DER SPIRITUELLEN MEISTER

Diese Bhagavad-Gita Wie Sie Ist wird durch die hier

aufgeführte Nachfolge der spiritueller Meister empfangen:

1) Krsna; 2) Brahma; 3) Narada; 4) Vyasa; 5) Madhva; 6)

Padmanabha; 7) Nrhari; 8) Madhava; 9) Aksobhya; 10)

JayatÖrtha; 11) Jnanasindhu; 12) Dayanidhi; 13)
Vidhyanidhi; 14) Rajendra; 15) Jayadharma; 16)

Purusottama; 17) Brahmanyatirtha; 18) VyasatÖrtha; 19)

LaksmÖpati; 20) Madhavendra Puri; 21) Isvara Puri
(Nityananda, Advaita); 22) Sri Caitanya; 23) Rupa

(SvaRupa, Sanatana); 24) Raghunatha, Jiva; 25) Krsnadasa;

26) Narottama; 27) Vièvanatha; 28) (Baladeva) Jagannatha;

29) Bhaktivinoda; 30) Gaurakisora; 31) Bhaktisiddhanta

Sarasvati; 32) His Divine Grace A.C. Bhaktivedanta Swami

Prabhupada.
22

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