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Secundaer Literatur : Ian Semple - Gehorsam
INHALTSVERZEICHNIS
GEHORSAM 2
Erkennen der individuellen Verantwortung 3
Die eigene Unzul�nglichkeit erkennen 4
Anerkennung einer �u�eren Autorit�tsquelle 5
Verstehen der Anforderungen von Autorit�t 8

Die Rolle des Verstandes bei der Ausf�hrung von Geboten 11

LITERATURVERZEICHNIS 14
Gehorsam

Eine Ansprache von Ian Sample, am 26. July 1991 im Empangsraum des Sitzes des Universalen

Hauses der Gerechtigkeit, anl��lich des Programmes Geistige Bereicherung am Baha Weltzent-

rum

Das Internationale Lehrzentrum hat eine wunderbare Textsammlung zum Thema Gehorsam er-

stellt, die Sie alle erhalten haben. Ich gehe davon aus, da� Sie alle damit vertraut sind und m�chte

daher in meinen Ausf�hrungen einige grunds�tzliche Gedanken behandeln - haupts�chlich Ge-

horsam in Beziehung zur Freiheit der Gedanken und ebenso die Bedeutung des Gehorsams f�r

die Entwicklung des einzelnen Menschen wie auch f�r die Gesellschalt als Ganzes.

Die Menschheit hat praktisch w�hrend ihrer gesamten Vergangenheit entsetzlich an Tyrannei ge-

litten. Dadurch wird Gehorsam heute h�ufig gleichgesetzt mit sklavischer Unterw�rfigkeit und Er-

gebenheit in Unterdr�ckung - oder noch schlimmer: Sie wird als Entschuldigung f�r die Teilnahme

an Verfolgungen genutzt. Da Sie eine Weile in Isreal gelebt haben, wissen Sie, da� dies h�ufig

thematisiert wird, wenn �ber den Holocaust gesprochen wird. Jene, die am Holocaust beteiligt

waren, sagten: �Nun, ich gehorchte lediglich den Befehlen; daf�r kann man mich doch nicht be-

langen.� Wegen dieser Vergangenheit der Unterdr�ckung wurde dem Gehorsam eine gro�e Ver-

achtung zuteil und �r�cksichtslose� Individualit�t wird als das wahre Ziel des sozialen Lebens ge-

priesen. Wie ist dann vor diesem Hintergrund das folgende Zitat Bahau�ll�hs zu verstehen:

Was der Menschheit an diesem Tage nottut, ist Gehorsam gegen die, welche die Gewalt in H�n-

den haben, und gewissenhaftes Festhalten am Seile der Weisheit.

(�L 102)

Um dies zu verstehen, sollten wir die Kehrseite dieser Medaille betrachten. Wir m�ssen die un-

wahrscheinlich gro�en Probleme der Menschheit sch�tzen lernen, die durch gewaltsamen Natio-

nalismus und Stammesstrukturen entstehen, durch die Gier der Einzelnen und den entwurzelten

Vergleichskampf im Wirtschaftsleben, durch z�gellose, unzul�ssige Unmoral und durch das st�n-

dig wachsende Vorkommen von Kriminalit�t und Terrorismus. Dies alles sind Verzerrungen der

Freiheit.

Die Vergangenheit hat in der Tendenz gezeigt, da� die Menschheit zwischen den beiden Extre-

men, Tyrannei und z�gelloser Ausschweifung, hin- und herpendelt und dabei auch gl�ckliche Zei-

ten erlebt, wenn sie einen gem��igten Bereich erreicht hat. In der Baha-Gemeinschaft streben

wir kein gem��igtes Gleichgewicht zwischen Freiheit und Gehorsam an. Stattdessen lernen wir

durch die Lehren Bahau�ll�hs, wie wir in Freiheit der g�ttlichen Richtschnur Gehorsam leisten

k�nnen und erkennen somit Gehorsam und Freiheit als ein harmonisches Ganzes an. Wir sollten

sie nicht l�nger als Gegenspieler betrachten.

Um dieses Konzept genauer zu untersuchen, m�chte ich es in das Licht der folgenden f�nf Pro-

zesse stellen:

- Der erste ist, da� wir uns als die h�chsten Quellen der Autorit�t betrachten.

- Beim zweiten geht es darum, die eigene Mangelhaftigkeit zu erkennen.

- Der dritte besteht darin, eine Quelle der Autorit�t au�erhalb des eigenen Seins zu anzuerken-

nen.

- Der vierte ist es, die Anforderungen dieser Autorit�tsquelle verstehen zu lernen.

- Der f�nfte ist die Rolle der Entscheidung bei der Durchf�hrung dieser Anforderungen.

Die Grundlage f�r jegliche Entwicklung ist die Selbsterkenntnis und die Anerkennung der Verant-

wortung f�r das eigene Leben.

Der n�chste Schritt ist die Erkenntnis, da� es zum Chaos im Leben einer Person und in der ge-

samten Gesellschaft f�hrt, wenn jeder seinen eigenen Neigungen folgt.

Dies f�hrt uns dazu, die �u�ere Autorit�tsquelle f�r das Wahre und Richtige zu suchen. Wenn wir

glauben, diese gefunden zu haben, ist es wichtig, sie zu best�tigen. Wenn wir das nicht tun, op-

fern wir eine der grundlegendsten Rechte und Pflichten der Menschheit.

Haben wir uns entschieden, da� eine Quelle G�ltigkeit besitzt und wollen wir ihr gehorchen, k�n-

nen wir dies nur in das t�gliche Leben umsetzen, wenn wir verstehen, was diese Quelle der Macht

von uns erwartet.

Sollten wir schlie�lich unsere Intelligenz und Urteilsf�higkeit bei der Ausf�hrung von Gehorsam

gegen�ber der Autorit�t nicht einsetzen, kann es darauf hinauslaufen, da� wir das Gegenteil des-

sen tun, was sie wirklich beabsichtigt.

Alle f�nf der genannten Vorg�nge erfordern die �bung unserer Urteilskraft. Sie stellen die Ableh-

nung der Vorgehensweise des �blinden Gehorsams� dar und ich glaube, da� dieser blinde Gehor-

sam im Widerspruch zum Glauben steht. Gehorsam besteht f�r einen Baha darin, durch eigenen

Willen dem zu folgen, was man als Recht erachtet. Blinder Gehorsam ist ein Verzicht auf den frei-

en Willen.
Erkennen der individuellen Verantwortung

Die durch Gott jeder einzelnen Seele �bergebene Verantwortung, sein eigenes Leben in die Hand

zu nehmen, wird immer wieder in den Schriften betont. Betrachten Sie die folgenden Worte Ba-

h�u�ll�hs. Der erste Abschnitt ist so vertraut, da� man in Gefahr ger�t, zu vers�umen, �ber die

vielen Elemente nachzudenken, die er enth�lt. Deshalb werde ich ihn mit Unterbrechungen lesen:

O Sohn des Geistes!

Von allem das Meistgeliebte ist Mir die Gerechtigkeit. Wende dich nicht ab von ihr, wenn du nach

Mir verlangst, und vergi� sie nicht, damit Ich dir vertrauen kann. Mit ihrer Hilfe sollst du mit eige-

nen Augen sehen, nicht mit denen anderer, und durch die eigene Erkenntnis Wissen erlangen und

nicht durch die deines N�chsten. Bedenke im Herzen, wie du sein solltest. Wahrlich: Gerechtigkeit

ist Meine Gabe und das Zeichen Meiner Gnade. So halte sie dir vor Augen.

(VW, 2)

Weiter besitzen wir die drei folgenden Textstellen, die das gleiche Thema behandeln:

Urteilt gerecht �ber die Sache Gottes, eures Sch�pfers, schauet, was vom Throne der H�he her-

abgesandt ist, und denkt dar�ber nach mit reinem, geheiligtem Herzen. Dann wird euch die Wahr-

heit dieser Sache so offenbar erscheinen wie die Sonne in ihrer Mittagsherrlichkeit. Dann werdet

ihr zu denen geh�ren, die an Ihn glauben.
(�L 52)

Verge�t nicht die Ehrfurcht vor Gott, ihr Gelehrten der Welt, und urteilt gerecht �ber die Sache

dieses Ungelehrten, f�r den alle B�cher Gottes, des Besch�tzers, des Selbstbestehenden, ge-

zeugt haben.
(�L 44)

Dies ist wahrlich ein Zeichen Seiner sanften Barmherzigkeit f�r die Menschen, jeder Seele hat Er

die F�higkeit verliehen, Gottes Zeichen zu erkennen. Wie sonst h�tte Er den Menschen Sein

Zeugnis erbringen k�nnen - geh�rtet ihr doch zu denen, die im Herzen �ber Seine Sache nach-

denken. Niemals wird Er ungerecht mit irgend jemandem verfahren, noch wird Er eine Seele �ber

ihr Verm�gen belasten. Er, wahrlich, ist der Mitleidige, der Allbarmherzige.

(�L 52)

In diesen und vielen weiteren Texten ruft uns Bahau�ll�h auf, nicht einfach zu gehorchen, sondern

unseren Verstand zu gebrauchen, gerecht zu urteilen, anzuerkennen und dann zu glauben und zu

gehorchen. Er versichert uns, da� wir alle die F�higkeit besitzen, die Wahrheit zu erkennen und

ihr zu folgen.

Da� eine absolute Autorit�t in uns wohnt, trifft f�r jeden Menschen zu, ob er dies nun versteht o-

der auch nicht. Man mag diese Autorit�t nicht anerkennen, um sich wie Treibgut in der Str�mung

der Gezeiten umhertreiben zu lassen, und man wird f�r sein eigenes Leben sorgen.

Allzu oft suchen wir heutzutage Gr�nde f�r unsere Handlungen, die Bedingungen und Begeben-

heiten, die au�erhalb unserer Kontrollm�glichkeit liegen und die durch unsere Vererbung, unsere

Erziehung oder unsere derzeitige Lage vorgegeben sind. Da ist sicher etwas Wahres dran und ich

behaupte nicht, da� keine Einfl�sse auf uns ausge�bt werden.Aber in den meisten F�llen sind es

doch vollkommen schwache Entschuldigungen daf�r, etwas falsches zu tun oder zu vers�umen,

das zu tun, wovon man im tiefsten Inneren wei�, da� es richtig w�re.

Jeder hat immer die Wahl, sich �u�erlichen Einfl�ssen zu beugen oder Schritte zu unternehmen,

diesen zu begegnen, also einer �u�eren Autorit�t zu gehorchen oder auch nicht. Schritte zur Ver-

�nderung unserer Bedingungen zu unternehmen, erfordert Anstrengungen, was dazu f�hren

kann, da� wir diese Schritte nicht gehen - aber dies ist dann unsere eigene Entscheidung.

Manchmal hat die Entscheidung, einer �u�eren Autorit�t zu widersprechen, so unangenehme Fol-

gen, da� man sich entscheidet, gegen die eigene �berzeugung zu gehorchen. Doch auch das ist

dann eine eigene Entscheidung. Schlie�lich wird jemand, der glaubt, die Entscheidung ist von

Wichtigkeit, eher den Tod akzeptieren, als falsch zu entscheiden. Aber es besteht immer wieder

die Wahlm�glichkeit und das ist meiner Meinung nach sehr wichtig zu beachten, denn h�ufig fin-

det man jemanden, sich entschuldigend sagen: �Es tut mir leid, aber ich konnte nicht handeln wie

es richtig gewesen w�re - sonst w�re ich erschossen worden!� Das war dann auch seine Ent-

scheidung: Er h�tte auch die Erschie�ung hinnehmen k�nnen.

Im Iran waren die Verfolger der Sache h�ufig erstaunt, da� die Baha hinnahmen - ehe sie ein

Wort der Verleugnung des Glaubens �ber die Lippen brachten - sich hinrichten zu lassen. Dies ist,

wo wir unAbhangig und stark sein m�ssen.

Somit ist der erste Orientierungspunkt, den jeder Mensch an sich anlegen mu�, er selbst und die

ihm von Gott verliehene F�higkeit, selbst zu entscheiden. F�r einen Atheisten oder einen Agnosti-

ker gibt es keinen zentralen Referenzpunkt au�er ihm selbst und seinen eigenen W�nschen und

Ideen. Selbst, wenn er �berhaupt nicht denken sollte, l��t er sich vollkommen von seinen W�n-

schen und Vorlieben treiben - mit anderen Worten, nicht durch das, was er f�r richtig h�lt, sondern

nur durch das, was er f�hlt. Nur wenige Menschen existieren auf dieser, unter dem tierischen Ver-

halten anzusiedelnden, Ebene. Zum Gl�ck beginnen sie fr�her oder sp�ter dar�ber nachzuden-

ken, was am Besten f�r sie ist. Sie �ben die Kr�fte, die in der eigenen Entscheidung liegen. Aber

gew�hnlich vollenden sie diesen Proze� nicht. Viele leben nur von einem Tag zum anderen, in-

dem sie den Moden und Launen der Gesellschaft, in der sie leben, folgen. Sie nehmen deren Vor-

urteile auf und folgen deren Ma�st�ben.

Folgt ein Individuum unkritisch seinen selbstbezogenen Entscheidungen, kommt es zwangsl�ufig

in Konflikt mit anderen und erh�ht somit die Gesamtheit der Probleme in der Welt. Unweigerlich

geraten alle, wenn die Nummer 1 als erstes kommt, und jeder Mensch sich selbst als Nummer 1

ansieht, in eine Konfliktsituation. Dies passiert, egal ob er andere f�r die Befriedigung seiner Be-

d�rfnisse zu dominieren versucht oder auch nicht. Auf der anderen Seite hat das gedankenlose

Befolgen von gesellschaftlichen Vorurteilen oder der Vorgaben eines F�hrers die Feinseligkeit von

anderen Gruppierungen zur Folge. Beides f�hrt zu geistigem Verfall und Chaos. In den �Sieben

Beweisen� schreibt der B�b:

In jedem Lande siehst du zahllose geistliche F�hrer ohne Urteilskraft, in jedem Volk abertausend

Mitl�ufer, denen dieselbe Eigenschaft fehlt. Denke in deinem Herzen eine Zeitlang dar�ber nach,

habe Erbarmen mit dir selbst und wende deine Aufmerksamkeit nicht von Beweisen und Zeugnis-

sen ab.
(AB, 4,9)
Weiter vorn, im gleichen Buch sagt er:

Nein, bei Gott, sei du weder ein Geistlicher ohne Urteilskraft noch Mitl�ufer ohne Urteilskraft, denn

am Tage der Auferstehung werden beide vergehen.
(AB, 4,9)
Die eigene Unzul�nglichkeit erkennen

Sobald eine Seele beginnt, nachzusinnen, nicht dar�ber, was sie tun kann, um nur das eigene

Selbst zufrieden zu stellen, sondern was sie tun sollte; wenn sie sich erlaubt, zu erw�gen, was

richtig oder falsch ist; wenn sie �ber den Sinn ihres Lebens nachdenkt; wenn sie mit anderen Wor-

ten eine erkennende Person wird, hat sie den ersten Schritt weg von der wirklichen Gottlosigkeit

getan. Wirklichkeit, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sind Eigenschaften Gottes und

wer immer eine solche sucht, sucht Gott. Viele der selbsternannten Atheisten sind nicht wirkliche

Atheisten. Sie haben bei ihrer Suche nach Wahrheit lediglich hinter die Oberfl�chlichkeit der tradi-

tionellen Religion geblickt. Ich glaube, das ist es, was wir zur Zeit im Osten beobachten k�nnen.

Viele Menschen, die sich als Atheisten bezeichnen, haben dennoch ein geistiges Herz und wissen

nur nicht, wonach sie Ausschau halten. Sie sind nun dabei, es zu finden.

Jeder, der beginnt, auf diese Weise zu denken, wird sich nach Beispielen und Vorbildern f�r sein

Handeln umsehen, die scheinbar erfolgreich sind und denen er folgen kann, um �hnlich erfolg-

reich zu sein. Dabei ist es unAbhangig davon, ob er Atheist ist oder nicht. Als Grundlage hat er die

ganzen Verhaltensmuster, die er in seiner Kindheit kennenlernte. Er wird sie behalten oder f�r

andere neue Muster verwerfen. Aber selbst dann, wenn er einen Referenzpunkt au�erhalb von

sich selbst findet, wird es schwer f�r ihn sein, �ber seine derzeitige Ebene hinauszuwachsen. Es

ist, als ob man sich an seinem eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen wolle - man ist dazu einfach

nicht in der Lage.

Solange ein Mensch das Zentrum des eigenen Universums bleibt, wird er auf seine eigene We-

sensart beschr�nkt bleiben. Wir haben alle schon Mitglieder der Baha-Gemeinschaft getroffen,

die an diesen Beschr�nkungen litten. Schauen wir uns zum Beispiel jemanden an, der sich f�r

soziale Gerechtigkeit einsetzt und der durch eigene Lebenserfahrungen und Ideen anderer eine

Philosophie der sozialen Reform entwickelt hat, die sehr nahe verwandt mit den Lehren Ba-

h�u�ll�hs ist. Wenn er dem Glauben begegnet, findet er eine ganze Gemeinschaft mit den glei-

chen Ideen. Er erkl�rt sich als Baha und wird ein Mitglied dieser Gemeinschaft. Wenn sich die

Grundlage f�r seine Anziehung nicht ver�ndert, wird er fr�her oder sp�ter mit Baha-Lehren in

Kontakt kommen, die nicht in sein Weltbild passen. Sie werden eine Herausforderung f�r ihn sein

und er wird versuchen, den Glauben so zu ver�ndern, da� er besser zu seinen eigenen Idealen

pa�t. Dies wird ihm jedoch nicht gelingen und er wird in seiner Entt�uschung dem Glauben den

R�cken kehren und sich mit anderen Gleichgesinnten zusammen tun, mit denen er jedoch auch

keine absolute �bereinstimmung erreichen wird. D. h., da er selbstbezogen ist, wird er sein Leben

lang auf eine gewisse Weise alleine bleiben. Er wird Verbindungen mit anderen Menschen einge-

hen, sie jedoch auch wieder brechen.

Das bedeutet, jeder Mensch mu� seine eigene Unvollkommenheit erkennen und den gemein-

schaftlichen Mittelpunkt au�erhalb seines Selbstes suchen. Nur dann besteht f�r die einzelne

Seele die M�glichkeit zur vollst�ndigen Entwicklung und sie wird f�hig, mit anderen zusammen in

Harmonie f�r die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu arbeiten.

Anerkennung einer �u�eren Autorit�tsquelle

Solange ein Mensch kein wirklich gebietendes Zentrum besitzt, das in Harmonie mit der Natur des

Universums steht, wird keine Verbindung mit anderen Individuen bestehen bleiben. Deshalb wer-

den sich rein soziale Bewegungen und politische Parteien ver�ndern, aufspalten und abschlie-

�end zusammenbrechen. Dabei ist es egal, wie gro� die Loyalit�t ist, die ihnen entgegengebracht

wird. Wenn wir aber unsere individuelle Autorit�t und Freiheit einer externen Autorit�t unterwerfen,

haben wir die Pflicht, diese Quelle der Autorit�t zu best�tigen, ob es eine b�rgerliche Regierung,

eine politische Partei oder was auch immer ist.

Der entscheidende Unterschied zwischen Religion und Philosophie ist, da� Religion f�r sich bean-

sprucht, eine Verbindung zu Gott selbst, dem Sch�pfer, dem Erhalter, dem Urheber des Univer-

sums zu haben. Sie stellt nicht lediglich die Zusammenfassung wohl�berlegter Ideen, sondern

vielmehr die Offenbarung ewiger Wahrheit dar. Die Autorit�t, die sie beansprucht, ist absolut. Dar-

in ist sowohl ihre St�rke als auch eine Gefahr enthalten. Die St�rke ist, da� jemand, der direkt mit

Gott verbunden ist, zu Harmonie mit Wahrheit, Gerechtigkeit und Sch�nheit gelangt. Die Gefahr

liegt darin, einem falschen Propheten den Gehorsam zukommen zu lassen, der allein Gott selbst

geschuldet werden kann. Dann verf�llt man in eine Verwirrung, die weit schlimmer ist, als jede

Form von Philosophie sie erzeugen kann. Bedenkt welche Verheerungen durch charismatische

F�hrer wie Hitler ausgel�st wurden. Sie haben f�r sich absolute Loyalit�t und Gehorsam durch

ihre Anh�nger beansprucht. Solche F�hrer erzeugen Pseudo-Religionen, die mit politischen Par-

teien nichts mehr zu tun haben. Die Anerkennung der Quelle der Autorit�t ist bei den Religionen

von h�chster Wichtigkeit.

Kein Wissen ist von gr��erer Bedeutung f�r die einzelne Seele, als die Erkenntnis, da� jeder die

Verantwortung hat, die Wahrheit zu suchen und dabei Fehlentscheidungen auszuschlie�en. Jeder

hat sodann die absolute Pflicht, dieser Wahrheit zu folgen, wo auch immer sie hinf�hrt. Wir m�s-

sen erkennen, da� Gott nicht mit sich handeln l��t.

Bahau�ll�h enth�llt diese Wahrheit in einem Satz eines Seiner Gebete: �Welche Kraft k�nnen die

schattenhaften Gesch�pfe als ihr Eigentum beanspruchen, wenn sie Ihm, der der Ungeschaffene

ist, gegen�berstehen.

Nun ist dies eine sehr wichtige, eine sehr folgenreiche und �u�erst unbequeme Wahrheit. In die-

sem Zusammenhang m�chte ich etwas �ber die Gottesfurcht sagen. Denn wenn jemand wirklich

�ber Gott nachdenkt, ist dies eine be�ngstigende Aussicht. Wenn jemand ein Atheist ist, der �-

berhaupt nicht an Gott glaubt, kann dieser sich bis zu einem bestimmten Punkt blind stellen f�r die

Abscheulichkeiten dieses Universums, indem er von Tag zu Tag hetzt. Aber wenn er wirklich �ber

es nachdenkt, wird das Universum zu einem entsetzlichen Ort. Wir brauchen nur die Gr��enord-

nung der Sterne zu betrachten, oder die Sonne selbst mit ihren Sonnenflecken und dann �ber uns

winzig kleinen Mikroben nachdenken, wie wir uns auf der Erdoberfl�che bewegen. Wir sind zu-

tiefst machtlos; was k�nnen wir also tun? Was k�nnen wir f�r die Zukunft tun? Dies war eines der

theoretischen Probleme, mit denen sich die kommunistischen Denker vor einigen Jahren befassen

mu�ten. Sie hatten die gro�artige Idee, da� die Menschen f�r eine bessere Zukunft altruistisch

und selbstlos sein sollten. Ein Individuum hatte nach ihren Vorstellungen kein zuk�nftiges Leben --

es gab kein ewiges Leben -- aber die Zukunft lag in einer aufzubauenden Gesellschaftsform. Man

diente dort so gut man konnte, man liebte seine Mitmenschen und man schuf eine Welt, die ein

Muster an Perfektion werden sollte. Diese Welt sollte dann jedermans ewiges Leben darstellten.

In Probleme gerieten sie, als sie bemerkten, da� die Menschen erkannten, diese Welt w�rde

selbst nicht f�r ewig bestehen. Irgendwann w�rde auch sie zerst�rt werden. D. h. es gibt keine

ewige Zukunft durch die Verbesserung dieser Welt. Und wenn es keine andauernde Zukunft gibt,

fragt man sich: "Warum soll ich mich darum k�mmern? Warum soll ich diese rund 70 Jahre f�r

etwas Opfer erbringen, da� sowieso nicht f�r immer Bestand haben wird?" Pascal hat vor Jahr-

hunderten dieses Problem erkannt: Die Armut und das Elend dieser Welt sind ohne Gott f�r die

Menschen unertr�glich. Sie fangen dann an, nach Ablenkungen zu suchen, um sich davon abzu-

lenken. Darum wird auch eine Gesellschaft, die mehr und mehr unreligi�s wird, zunehmend von

Vergn�gungen und Ablenkungen und Kitzel eingenommen. Denn die Menschen k�nnen die Wahr-

heit nur schwer ertragen.

Festzustellen, da� diese Welt nicht nur eine Ansammlung von Atomen und Molek�len ist, sondern

da� da etwas ist, das sie steuert -- da� da mit anderen Worten Gott ist -- kann f�r eine Weile ein

interessantes philosophisches Konzept sein, bis man es ernsthaft untersucht. Wenn man dann

feststellt, da� Gott wirklich Gott ist, kann man Ihn nicht mehr beliebig bezeichnen. Und: man kann

nicht mit Ihm handeln. C.S. Lewis verfa�te hier�ber einst einen Kommentar. Als er die Realit�t

Gottes erkannte, stellte er auch eine Forderung fest, die durch Ihn gestellt wurde. Gott sagte nicht:

�Gib mir alles oder nichts.� Da gibt es keine Wahl. Er sagte: "Alles". Das ist es. Da gibt es keine

Alternativen. Gott ist Gott.

Dies ist schwer, aber wichtig zu akzeptieren. Die unglaublichen Gnaden, die wir durch die Mani-

festationen erfahren, sind das Wissen, da� diese unverst�ndliche Kraft hinter diesem Universum

keine blinde und willk�rliche Kraft ist. Vielmehr ist es das Wissen, da� die Kraft der Liebe, Wahr-

heit und Sch�nheit dahintersteckt, da� die einzelne menschliche Seele aus Seiner Sicht wichtig ist

und da� sie in Seiner Obhut ist. Dies ist eine revolution�re Idee und ist der Kern jeder wahren Re-

ligion.

Aber nach wie vor m�ssen wir hinnehmen, da� wir nicht mit Gott handeln k�nnen. Ich empfehle

jedem von Ihnen, der Schwierigkeiten damit hat, das Konzept der Furcht vor Gott anzunehmen

oder mit den Ungerechtigkeiten in dieser Welt hadert, da� er das Buch Hiob liest. Dies ist ein sehr

altes Buch, aber behandelt dieses Problem. Hiob ist ein sehr aufrichtiger Mann, ein sehr gesunder

Mann, ein sehr wohlhabender Mann und in der Geschichte -- bei der Geschichte handelt es sich

um ein Gleichnis -- kommt der Teufel zu Gott und spricht: "Schau, er ist doch nur so gut, weil Du

ihn so gut behandelst. Nimm ihm seine ganze Gesundheit, sein ganzes Gl�ck und er wird Dir nicht

mehr gehorchen." Da sagte Gott: "In Ordnung" und Er erlaubte dem Teufel, Hiob alles zu nehmen,

was er hatte. Von da an lief bei Hiob alles schief. Es kommen eine ganze Reihe von Freunden und

schlechten Tr�stern, die wie ein Refrain in der Geschichte wirken und Hiob erkl�ren, warum alles

schief geht. Sie versuchen, ihm klar zu machen, da� alles so k�me, weil er ges�ndigt haben mu�.

"Nein, ich habe nicht ges�ndigt," sagt Hiob. "Ich werde nicht sagen, da� ich ges�ndigt habe, denn

ich habe nicht ges�ndigt! Ich werde nicht bestraft f�r etwas, das ich getan habe." Aber er verfolgte

weiterhin seinen Weg des Gehorsams zu Gott und seiner Liebe zu Gott. Er erkl�rte: "Selbst, wenn

Er mich hinrichtet, werde ich an Ihn glauben." Das ganze l�uft so weiter und wir erhalten die ver-

schiedensten Rechtfertigungen f�r das, was passiert. Schlie�lich ist Hiob davon �berzeugt, da� er

Gott befragen m�sse. Und Gottes Stimme erklingt aus einem Wirbelwind:

Da antwortete der Herr dem Hiob aus dem Wettersturm und sprach: Wer ist es, der den

Ratschlu� verdunkelt mit Gerede ohne Einsicht? Auf, g�rte Deine Lenden wie ein Mann: Ich will

dich fragen, du belehre Mich! Wo warst Du, als Ich die Erde gegr�ndet? Sag es denn, wenn du

Bescheid wei�t. Wer setzte ihre Ma�e? Du wei�t es ja. Wer hat die Me�schnur �ber ihr ge-

spannt? Wohin sind ihre Pfeiler eingesenkt? Oder wer hat ihren Eckstein gelegt als die Morgen-

sterne jauchzten, als jubelten alle Gottess�hne?
(Hiob, 38:1 ff)

Es gibt keine M�glichkeit f�r uns, das Wesen Gottes oder Seine Absichten zu verstehen. Wir

m�ssen dies einfach hinnehmen. Dies ist, lassen Sie es mich so sagen, die Furcht und zugleich

die Erhebung, wenn wir schlie�lich das Wesen Gottes akzeptieren. Ich habe nie die besondere

Begebenheit vergessen, durch die ich diese Wahrheit erfuhr. Sie wurde mir klar durch einen jun-

gen Mann, mit dem ich zusammen zu arbeiten hatte. Er war ein B�roangestellter in einer Firma, in

der ich Buchhalter war. Irgendwann befragte er mich �ber den Glauben. Ich glaube, ich gab ihm

damals "Bahau�ll�h und das neue Zeitalter� und dann trennten sich unsere Wege. Eines Tages

hatten wir wieder eine gemeinsame Aufgabe und er sagte zu mir: "Wissen Sie, ich hatte damals

keine Wahlm�glichkeit mehr. Als ich anfing, das Buch zu lesen, stellte ich fest, da� es so wichtig

war, da� ich keine andere Wahl hatte, als es zu Ende zu lesen und zu entscheiden, ob es wahr

oder falsch ist. Und wenn ich es als wahr erachte, habe ich keine andere Wahl als dem zu folgen."

Nun es gibt nicht so viele Menschen, die eine so tiefe Empfindungsgabe haben, so kurz, nachdem

sie �ber den Glauben geh�rt haben -- er hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden, ob es

wahr ist. Aber er studierte und er entschied und er nahm den Glauben an. Er verstand die Wahr-

heit folgender Worte Bahau�ll�h�s sehr gut:

Sie sollten keinesfalls ihrer Phantasie erlauben, ihre Urteilskraft zu tr�ben, noch sollten sie ihre

eigenen Vorstellungen f�r die Stimme des Ewigen halten.

(�L 160)

Einzur�umen, da� Gott Gott ist, zu akzeptieren, da� man nur ein kleiner Teil Seiner Sch�pfung ist

und zu verstehen, da� die Erf�llung der �bung der eigenen unAbhangigen Autorit�t die Unteror-

dung unter die Autorit�t Gottes ist, kann eine sehr dem�tigende und schMirzaiche Erfahrung sein.

Einmal vollzogen, bringt es einen Zuwachs an Freude und Kraft, die man kaum erwartet h�tte.

Denn man h�rt auf, alleine zu sein. Man wird ein hilfreicher integrierter Bestandteil des ganzen

Universums. Es ist eine Offenbarung des Geheimnisses des Opfers und der erstaunlichen Tatsa-

che, da� Gott Liebe ist.

Eine Gefahr verbirgt sich darin, da� die Freude, die solch eine Selbstaufgabe mit sich bringt, in

gewisser Weise auch von jemandem erfahren werden kann, der sich einem falschen Propheten

hingibt, so wie von jenem, der sich der wahren Manifestation Gottes weiht. Selbstaufgabe ist als

solches eine Tugend und man kann das gleiche erhebende Gef�hl haben, wenn man sich dem

Falschen weiht. Dies ist die Gefahr. Die Methoden, wie wir die Wahrheit suchen und akzeptieren

k�nnen, kennen wir, weshalb ich hier�ber keine Ausf�hrungen machen werde. Sie erinnern sich

alle an die vier Kriterien, die �Abdu�l-Bahá uns zur Ermittlung der Wahrheit genannt hat: Die Sinne,

den Verstand, die Tradition und die Inspiration. Jeder dieser Wege kann fehlbar sein, aber wir

geben unser Bestes, sie alle zu kombinieren und es ist die F�hrung Gottes, die uns die endg�ltige

unfehlbare F�hrung gibt.

Was passiert, wenn wir nach unseren besten M�glichkeiten unsere Sinne, unseren Verstand, un-

sere Traditionen und unsere Inspiration angewandt haben und wir dachten, da� die Quelle der

Autorit�t g�ltig ist und haben ihr dann Gehorsam geleistet, dies aber trotz allem falsch war? Wie

k�nnen wir unseren Fehler herausfinden?

Diese Frage bringt uns zum vierten Proze�, den ich zu Beginn erw�hnte.

Verstehen der Anforderungen von Autorit�t

In seinem Brief an die Pal�stina Sonderkommission der Vereinten Nationen hielt Shoghi Effendi

fest, der Glauben �beinhalte f�r die Anh�nger als erste Pflicht, sich auf die entfesselte Suche nach

Wahrheit begeben.

Dieses Gebot bedeutet zur gleichen Zeit den Schutz davor, einem falschen Propheten zu folgen,

den Ursprung des Lichtes der Beratung und die Garantie der erfolgreichen Umsetzung der Anwei-

sungen Bahau�ll�h�s in den Worten des Paradieses:

Schulen m�ssen die Kinder zuerst in den Grunds�tzen der Religion erziehen, so da� Verhei�ung

und Drohung, wie sie in den B�chern Gottes geschrieben stehen, die Kinder von Verbotenem ab-

halten und mit dem Mantel der Gebote schm�cken; aber dies mu� in solchem Ma� geschehen,

da� es die Kinder nicht durch Abgleiten in eifernde, bigotte Unwissenheit sch�digt.

(BOT 6,28)

Wir kehren wieder zur�ck zu der Antithese zwischen blindem Gehorsam und willentlichem, be-

wu�tem Gehorsam, die ich zu Beginn des Vortrages erw�hnte. Sie m�gen fragen: �Aber warum

sollen wir unsere unAbhangige Suche nach Wahrheit fortsetzen, nachdem wir sie durch die Aner-

kennung Bahau�ll�h�s gefunden haben? W�rde dies nicht andeuten, da� wir Zweifel an Seiner

Position haben?� Glauben Sie etwa, da� die Erkenntnis Bahau�ll�h�s das Ende ist? Sicher ist es

nur der Anfang. Wenn man akzeptiert, da� Bahau�ll�h die Manifestation Gottes ist, da� Er, Seine

Handlungen und Seine Worte ein perfekter Spiegel der Natur Gottes sind, Seiner Wahrheit, Sei-

ner Absichten f�r dieses Zeitalter, dann beginnt eine lange Aufgabe, genau zu erfassen, was er

uns sagen will, Seine Befehle in unserem t�glichen Leben umzusetzen und es zuzulassen, da�

das Licht Seiner Offenbarung unser Herz und unseren Verstand erleuchtet. Dies kann nicht pas-

sieren, wenn wir die T�ren unseres Geistes verschlie�en.

Ein wahres Prinzip f�r eine Handlung bleibt wahr, egal auf wen es angewendet wird. Das anhal-

tende Suchen nach Wahrheit erm�glicht es den Anh�ngern eines wahren Propheten, Ihm immer

n�her zu kommen, Seine Lehren aufzunehmen und sie in ihr Leben zu integrieren. Das gleiche

Prinzip, wenn es auf die Anh�nger eines falschen Propheten angewendet wird, wird ihnen fr�her

oder sp�ter erm�glichen, den Irrtum zu erkennen. Dies ist auch der Grund, warum falsche Pro-

pheten von ihren Anh�ngern blinden Gehorsam fordern. Sie f�rchten die Wahrheit - und dies aus

gutem Grund. Aber warum sollte Er, der die Wahrheit selbst ist, jemals leiden durch das Streben

nach Wahrheit Seiner Anh�nger?

Dann w�re da noch die Sache mit unserer Vertiefung in die Lehren. Wie k�nnen wir uns vertiefen,

wenn wir nicht �ber sie nachdenken, wenn wir sie uns nicht gegenseitig erz�hlen, wenn wir sie

nicht ausprobieren und sie untersuchen im Lichte der Erfahrung? Die Lehren Bahau�ll�h�s sind

dazu da, die Menschheit f�r mindestens die n�chsten 1.000 Jahre zu bereichern. Ist es dann �-

berhaupt vorstellbar, da� wir ohne eine Menge tiefgreifender �berlegungen wirklich verstehen,

was Er uns sagt und was Er von uns an Handlungen erwartet.

Nur durch unAbhangiges, klares Nachdenken �ber den gro�en Umfang der Lehren kann man das

Wachstum seines Verst�ndnisses f�rdern.

Aber nicht nur die Texte sind Quelle der F�hrung. Bahau�ll�h hat uns auch noch die Beratung als

Instrument der F�hrung an die Hand gegeben. Damit dieses funktioniert, m�ssen wir die Freiheit

der Gedanken ebenso �ben, wie die aufrichtige �u�erung, H�flichkeit und Gehorsam. Ohne die

Anwendung der ungehinderten Suche nach Wahrheit und ohne den Gehorsam gegen�ber Be-

schl�ssen, wird Beratung fruchtlos sein.

Somit haben wir den Bedarf an uneingeschr�nkter Suche nach Wahrheit im Verstehen der Vor-

aussetzungen von Autorit�t begr�ndet. Was k�nnen wir tun, wenn wir feststellen, da� wir diese

Voraussetzungen nicht akzeptieren k�nnen. Dies kann auf verschiedenen Ebenen geschehen und

ist ein Problem, dem ehrlich gegen�bergetreten werden sollte und das es gilt, anzugehen.

- Da k�nnte z.B. ein Gebot von Bahau�ll�h selbst sein, welches wir nicht verstehen oder bei

dem es uns schwer f�llt, zu gehorchen.

- Es k�nnte aber auch ein Prinzip des Glaubens oder eine Anweisung des H�ters oder des

Universalen Hauses der Gerechtigkeit sein, welches uns gro�e Unannehmlichkeiten beschert o-

der das uns bei Befolgung in Gefahr bringt.

- Oder es handelt sich um eine Entscheidung eines Geistigen Rates, von der wir �berzeugt

sind, da� sie falsch ist.

Wie k�nnen wir in solchen F�llen reagieren. Sie alle f�hren uns zur�ck zum fr�heren Stadium des

Prozesses: Die Best�tigung der Quelle der Autorit�t. Wenn wir Schwierigkeiten mit dem Ver-

st�ndnis oder dem Gehorsam gegen�ber Gesetzen Bahau�ll�h�s haben, sollten wir keine Hem-

mungen haben, die Basis unseres Glaubens zu �berpr�fen. Wir haben Bahau�ll�h als die Mani-

festation Gottes aus Gr�nden anerkannt, von denen wir �berzeugt sind, da� sie G�ltigkeit hatten.

Was bedeutet nun diese eine Unstimmigkeit mit Seinen Schriften? Ist sie ernst genug, um die

Beweise, die mich zun�chst zu Seiner Anerkennung f�hrten, in Zweifel zu ziehen? Oder ist es ein

Hinweis auf meine eigene Unzul�nglichkeit? Stellt man dann fest, der Glaube in Bahau�ll�h ist

nicht ersch�ttert und lediglich ein bestimmtes Gesetz bereitet das Problem, dann sollte man auf

der Grundlage des Glaubens gehorchen. Eine weitere Qualit�t ist in diesen Proze� mit einbezo-

gen und dies ist die Loyalit�t. Wenn jemand eine Manifestation Gottes anerkennt, beginnt er, eine

Beziehung zu Ihr aufzubauen. Diese Beziehung l��t ein tieferes Verst�ndnis wachsen. Dies wie-

derum ist verbunden mit einer wachsenden Loyalit�t. Loyalit�t hat ihre Grundlagen in der Erfah-

rung, dem Wissen und der Verpflichtung. Sie sch�tzt einen davor, durch jede Anspielung gegen

Ihn, dem man die Loyalit�t ausgesprochen hat, aus dem Gleichgewicht geworfen zu werden. Ich

mu� noch einmal betonen: Dies ist nicht blinder Glauben oder blinder Gehorsam: �Abdu�l-Bahá

sagt in diesem Zusammenhang:

Unter Glauben versteht man zuerst bewu�tes Wissen, dann das Tun guter Taten.

(GL, S. 58)

Wir haben ein dauerhaft gegr�ndetes Vertrauen in Bahau�ll�h als eine Autorit�tsquelle in allen

Dingen. Manchmal schreiten wir voran mit einem klaren Verst�ndnis f�r das, was Er von uns er-

wartet. Manchmal f�hlen wir uns im Dunkeln zur�ckgelassen, weil unser Verst�ndnis noch nicht

gen�gend gewachsen ist. Das Licht, das uns durch solch dunkle Flecken f�hrt, ist unser Glauben

an Ihn; unser Wissen, da� Er, obwohl es uns im Moment anders erscheint, recht hat, und da� Er

es wirklich besser wei� als wir. Dieses Wissen l��t uns in vollstem Vertrauen entsprechend han-

deln und ich betone dieses �vollste Vertrauen�. Es handelt sich nicht um abgeneigten Gehorsam

gegen�ber einem Gesetz, mit dem wir nicht �bereinstimmen. Es ist Gehorsam aus vollem Herzen,

wenn wir einem Gesetz folgen, das wir nicht verstehen k�nnen, von dem wir aber wissen, da� es

richtig ist. Wie Shoghi Effendi bereits schrieb:

K�nnen wir anzweifeln, da� die Wege Gottes nicht notwendigerweise auch die Wege der

Menschheit sind? Ist nicht Glaube ein anderer Begriff f�r hintergr�ndigen Gehorsam, vollherzige

Ergebenheit, kompromi�lose Befolgung dessen, von dem wir glauben, da� es die Offenbarung

und der Ausdruck des Willens Gottes ist? Es mag jedoch verwirrend erscheinen, oder als Abwei-

chung von der beschr�nkten Sichtweise, der machtlosen Lehren, der ungeschliffenen Theorien,

der eitlen Einbildungen, der modernen Vorstellungen dieses verg�nglichen und geplagten Zeital-

ters. Wenn wir wanken oder z�gern, wenn unsere Liebe zu Ihm versagen sollte, uns zu f�hren

und uns auf Seinem Pfad zu halten, wenn wir die g�ttlichen und eindringlichen Prinzipien verlas-

sen, was n�hrt dann noch unsere Hoffnungen auf die Heilung der Krankheiten und �bel dieser

Welt ?
(BA p. 62, unautorisierte �bersetzung)

Die Autorit�t des H�ters und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit ist zur�ckzuf�hren auf die

Autorit�t Bahau�ll�h�s selbst. Somit sind hier gleiche Prinzipien anzuwenden. Man sollte ihnen

gehorchen, weil man wei�, da� sie g�ttlich gef�hrt sind. Ich kann mich an mehr als eine Situation

erinnern, in der ich mich unf�hig erkannte, die Entscheidung des Universalen Hauses der Gerech-

tigkeit zu verstehen oder in der ich nicht �bereinstimmte. Sie wissen, das Universale Haus der

Gerechtigkeit f�llt auch nicht immer einstimmige Entscheidungen. Manchmal f�llt es auch Mehr-

heitsentscheidungen. Solche Situationen sind auf keinen Fall erstaunlich. Das Haus der Gerech-

tigkeit ist unfehlbar, aber die einzelnen Personen sind es nicht. Somit ist es logisch, da� manch-

mal einzelne im ersten Moment mit einer gef�llten Entscheidung nicht einverstanden sind. In allen

F�llen habe ich selbstverst�ndlich die Entscheidungen akzeptiert. Und nach einer gewissen Zeit

habe ich immer erkannt, warum das Universale Haus der Gerechtigkeit recht hatte und ich nicht.

Das Interessante an der Sache ist, da� es nicht nur an Dingen lag, die ich nicht gleich erkannte --

�In Ordnung, dies war es, was ich in der Beratung falsch verstand, nun wei� ich, wie es richtig ist -

- sondern manchmal auch Informationen, die ich zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht wissen

konnte. Die Wege Gottes sind geheimnisvoll, sogar, wenn Sie durch Ihn verordnet wurden. Man

kann nicht erwarten, immer alles von Anfang an zu wissen.

Solche Erfahrungen lassen einen geistig wachsen und bereichern das eigene Verst�ndnis bis zu

einem einzigartigen Grad. Intelligenter und wachsamer Gehorsam unterst�tzen somit das Wachs-

tum der Seele.

Einer Entscheidung eines Geistigen Rates zu folgen, von der man meint, da� sie falsch ist, kann

viel schwieriger sein. Hier gehorcht man wegen des unumst��lichen Prinzips des Erhaltes der

Einheit im Glauben. Au�erdem kann man, wenn man den Fall f�r wichtig genug erachtet, darum

bitten, die Entscheidung nochmals zu �berdenken. Hierbei sollte man jedoch Weisheit walten las-

sen. Jeder hat das Recht, gegen die Entscheidung Einspruch zu erheben. Man sollte jedoch nicht

nur seine eigenen Interessen in dem Fall vor Augen haben, sondern auch die Interessen des

Glaubens. Ist es richtig, die Zeit des Geistigen Rates zu beanspruchen, indem man beharrlich

diesen Punkt verfolgt? Insbesondere dann, wenn man sicher ist, da� dessen Entscheidung falsch

ist? Oder ist es besser, dar�ber hinweg zu sehen und dem Geistigen Rat zu erlauben, seiner ei-

gentlichen Aufgabe nachzugehen, die das Lehren der Sache Gottes ist? Manchmal ist es richtig,

manchmal ist es falsch. Manchmal sollte man darauf bestehen, manchmal sollte man es laufen

lassen. Nochmals, es ist eine Sache der Beurteilung und guter Gr�nde. Somit gelangt man zu der

Bedeutung des Verstandes, wenn es darum geht, die Anordnungen einer autorit�ren F�hrung

auszuf�hren.

Die Rolle des Verstandes bei der Ausf�hrung von Geboten

Es gibt an dieser Stelle zwei Quellen von Autorit�t, �ber die wir nachdenken sollten, da sie sich

voneinander unterscheiden. Die eine ist der Herausgeber von Befehlen, die andere sind Gesetze

und Regeln.

Der Unterschied zwischen beiden ist, da� ein bestimmter Befehl einer Autorit�tsquelle h�ufig sehr

klar, ausdr�cklich und auf einen bestimmten Fall bezogen ist. Ein Gesetz oder eine Regel ist ein

mehr allgemeines Gebot und seine Anwendung auf einen speziellen Fall erfordert die Ber�cksich-

tigung weiterer Regeln.

Ein interessantes Beispiel, an dem der Unterschied dieser beiden Varianten deutlich wird, ent-

stand w�hrend der 60er Jahre in Amerika. Es war in der Zeit, als gro�e Spannungen zwischen

den Rassen herrschten. Die Baha strengten sich sehr an, die Rassenvorurteile zu �berwinden

und die Einheit so gut wie m�glich sowohl innerhalb der Gemeinde als auch au�erhalb herzustel-

len. Die Frage, die auch dem Universalen Haus der Gerechtigkeit vorgelegt wurde, war: Was pas-

siert, wenn man in einem s�dlichen Staat lebt, wo ein Gesetz eine bestimmte Form des Kontaktes

zwischen Menschen verschiedener Hautfarben verbietet? Insbesondere, wenn es dahin gekom-

men ist, da� Nicht-Baha dieses Gesetz diskutieren? M�ssen die Baha diesem Gesetz dann fol-

gen, weil wir das Prinzip haben, der Regierung zu gehorchen, egal um welches Gesetz es sich

handelt? Das Haus der Gerechtigkeit sagte: �Nein�. Es erkl�rte, da� die Baha die Gebote des

Glaubens so gut es geht befolgen sollten. Wenn aber eine Autorit�tsperson ihnen gebieten sollte,

es nicht zu tun, dann sollten sie es nicht tun. Mit anderen Worten: Das Gesetz mag den Wei�en

und Schwarzen den Kontakt miteinander verbieten, wogegen der Glaube sie offensichtlich dazu

aufruft. Dann sollten die Baha solange die Freundschaft untereinander pflegen, solange kein Po-

lizist k�me und ihnen gebieten w�rde: �Setzt euch an verschiedene Pl�tze.� Dann sollten sie sich

voneinander entfernen. Es gibt demnach einen Unterschied zwischen einem geschriebenen Ge-

setz und einem Gesetz, das direkt eingefordert wird. Dieser Umstand kommt in vielen Beziehun-

gen zwischen dem Baha-Glauben und den Gesetzen zum Tragen. Dies war in �hnlicher Form

w�hrend des Nazi-Deutschland der Fall. Mir wurde erz�hlt, da� die Nazi-Beh�rden den Baha

befahlen, die Treffen zwischen Juden und Nicht-Juden zu trennen. Die L�sung damals war, da�

keine Treffen mehr stattfanden. Wir k�nnen solche Probleme also auf verschiedene Art und Wei-

se l�sen.

Es kann aber auch vorkommen, da� das Befolgen von Gesetzen und Prinzipien des Glauben

Schwierigkeiten und Leiden verursachen k�nnen. Wie ich bereits gesagt habe, ist es meist der

Gehorsam durch Glauben und die Annahme einer unangenehmen Wahl, die uns geistig und mo-

ralisch und in unserem Verst�ndnis wachsen lassen. Diese Art von Gehorsam hat auch einen Ef-

fekt auf die Gemeinschaft als Ganzes. Dadurch entsteht eine Gesellschaft, die vereint, liebevoll,

standhaft, rechtschaffen und beherzt ist. Und sie ist ebenso frei von unwissendem Fanatismus

und Blindgl�ubigkeit. Es ist ein schwierig zu haltendes Gleichgewicht: Standhaft zu sein, Prinzi-

pien zu haben, aber nicht fanatisch und genauso wenig blindgl�ubig zu sein.

Eine der Wahrheiten, die wir akzeptieren m�ssen, ist, da� das Leben nicht einfach ist. Es ist nicht

daf�r da, einfach zu sein. Wenn wir dies erkennen, annehmen und daran arbeiten, wachsen wir

und schreiten voran, trotz aller Pr�fungen und Widrigkeiten. Dies ist eine sehr tiefgreifende Er-

kenntnis. Ich glaube, es war Carl Jung, der Menschen in einer besonderen Form als psycholo-

gisch krank erachtete, die versuchten, �gesetzm��ige SchMirzan� zu vermeiden. Sie sehen: je-

des Wachstum im Leben bedingt SchMirzan einer gewissen Stufe. Betrachten Sie das Stadium

des Heranwachsens, wenn wir nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen, pl�tzlich erwachsen zu

werden. Oder wenn wir heiraten, und zwei Menschen auf einmal miteinander leben m�ssen. Auch

das ist mit SchMirzan verbunden. Und Jung, denke ich, legte seinen Finger auf einen sehr wichti-

gen Punkt: Zu versuchen, gesetzm��ige SchMirzan zu vermeiden, erzeugt einen psychologi-

schen Zusammenbruch. Und dies gilt f�r die gesamte Gesellschaft. Es mag jedoch einem Men-

schen einen unbarmherzigen Anschein verleihen, wenn er zu bestimmten Zeiten mit Gehorsam

und Annahme von Schmerz voranschreitet.

Wahrer Gehorsam darf nicht mit sklavischer Unterw�rfigkeit verwechselt werden. Er erfordert

Courage und Durchhalteverm�gen. Ein wesentliches Element des Gehorsam ist die Aus�bung

von Gerechtigkeit bei der Ausf�hrung der Anforderungen der Autorit�t, die man akzeptiert hat.

Es spielt keine Rolle, ob in einem bestimmten Fall eine Anweisung einer Amtsgewalt oder eine

gesetzliche Vorgabe die Quelle der Autorit�t ist. Selten kann sie alle M�glichkeiten und Eventuali-

t�ten abdecken.

Ich habe einmal eine Geschichte gelesen, die von einem Mann handelt, der sich nicht von seinem

Anzug trennen konnte -- M�nner h�ngen h�ufig an einem ihrer Anz�ge und wollen wollen sich

nicht von ihnen trennen -- als er aber allzu abgetragen war, entschied er doch, ihn aufzugeben. Er

nahm ihn und ging zu einem Schneider. Diesen beauftragte er, eine exakte Kopie zu erstellen. Der

Schneider tat dies ordnungsgem��. Er entschuldigte sich jedoch, er habe sein Bestes gegeben,

eine originalgetreue Kopie zu erstellen. Es sei ihm jedoch nicht gelungen, den Kaffeefleck auf der

Jackettvorderseite nachzuempfinden. Dies ist ein Beispiel mit einer Problemstellung, denen das

B�ro f�r die Geb�uderestaurierung t�glich gegen�bersteht. In diesem Fall will man, wenn man

eine Heilige St�tte repariert, dies so genau wie m�glich tun. Wenn man z. B. zwei nahe beieinan-

der liegende Fenster hat, von denen eines ein wenig kleiner als das andere ist, dann m�chte man

nicht, da� eine aufmerksame Person vorbei kommt und sagt: �Es w�re sch�n, wenn beide die

gleiche Gr��e h�tten.� Man m�chte die neuen Fenster verschieden machen, genauso, wie die

alten waren. Wenn wir andererseits ein leckendes Abflu�rohr ersetzen wollen, dann soll das neue

Rohr nat�rlich nicht wieder ein Leck haben. Hier ist also die Anwendung eines guten Urteilsver-

m�gens angebracht. Und es ist erstaunlich, wie oft im Leben man Leute findet, die dies nicht an-

wenden und man kann geradezu verr�ckt werden, wenn man, wie man denkt, eine klare Anwei-

sung gegeben hat und die Person kommt mit etwas v�llig Durcheinandergeratenem zur�ck und

sagt: �Aber Sie haben mir doch den Auftrag gegeben!� Und man wei�, da� man die Anweisung

erteilt hat. Aber man hat erwartet, da� die Person ihren Verstand anwenden w�rde und dadurch

den Sinn, der hinter den tats�chlich gesprochenen Worten steckte, erfa�t h�tte.

Dies sind sehr deutliche Beispiele. Die gleichen Anforderungen werden jedoch auch fortw�hrend

bei der Anwendung der Gesetze des Glaubens gestellt. Wann soll man auf ihrer Einhaltung be-

stehen, wann gro�z�gig sein, welche Ausnahmen sind zu rechtfertigen, welche nicht? Wie nach-

sichtig darf man sein, ohne ein Prinzip zu opfern? Wie kann man rechtschaffen sein, ohne fana-

tisch zu wirken? Generell gesagt: Es ist eine gute Leitlinie, mit sich selbst sehr streng zu sein und

mit anderen nachsichtig. Im zweiten Tar�z schreibt Bahau�ll�h:

Dieser Unterdr�ckte ermahnt die V�lker der Welt, Duldsamkeit und Rechtschaffenheit zu �ben;

dies sind zwei Lichter im Dunkel der Welt, zwei Erzieher f�r die Bildung der Menschheit. Gl�cklich

sind, die dazu gelangen, und wehe den Achtlosen.
(BA, S. 52)

Die Gleichstellung von Toleranz und Rechtschaffenheit macht diesen Text, wie ich meine, zu ei-

nem sehr interessanten Abschnitt.

Hier wird man auch wieder zur�ckverwiesen auf das Prinzip der abschlie�enden Verantwortlichkeit

jedes Einzelnen. Wir m�ssen akzeptieren, da� uns Gott den Verstand zu seiner Benutzung gege-

ben hat. Er hat uns einen freien Willen gegeben und er hat uns ermahnt, Weisheit und gutes Ur-

teilsverm�gen anzuwenden.

Ich bezeichne es als einen SchMirza denn wir m�ssen vorsichtig sein, diese Freiheit als eine Er-

laubnis zu Ungehorsam zu betrachten. In einem der Briefe, die im Auftrag des H�ters geschrieben

wurden, hat der Sekret�r die n�chterne Warnung ausgesprochen: �Wir sollten auf die Gnade Got-

tes hoffen, aber wir d�rfen nicht auf ihr bestehen.�

(LG. #1223, unautorisierte �bersetzung)

Aber es gibt g�ltige F�lle, in denen weises Urteilsverm�gen einem Menschen sagt: �In diesem Fall

w�rde ich sicher freigesprochen, etwas zu tun, was normalerweise nicht angenommen werden

k�nnte.� Einige Gl�ubige, die sich davor f�rchten, die Verantwortung hierf�r zu �bernehmen, bit-

ten des Universale Haus der Gerechtigkeit um eine Ausnahmegenehmigung. Dies kann es h�ufig

nicht gew�hren, wie sie sicher verstehen. Denn es h�tte meist viel weitreichendere Folgen, die

sich nicht nur auf diesen einen Fall beschr�nkten. Ich erinnere mich an mehr als eine Begeben-

heit, wo das Haus der Gerechtigkeit solche Fragen beantworten mu�te und die Antwort wie folgt

lautete: �Es ist schade, da� er nicht selbst gehandelt hat, anstatt zu fragen�. Ich erinnere mich an

einen �hnlichen Kommentar, der von einem Pilger niedergeschrieben wurde, der dem H�ter eine

Frage stellte. Bevor er antwortete, fragte der H�ter ihn: �Sind Sie sicher, da� Sie diese Frage be-

antwortet haben m�chten?�

Es gibt eben Situationen, wo man einfach selbst entscheiden mu�. Ich erinnere mich solch einer

Situation eines jungen Mannes, der Student der vergleichenden Religionswissenschaften war. Er

stellte Untersuchungen f�r den Abschlu� seiner Doktorarbeit an. Und er meinte, da� es wichtig

w�re, dazu einige Schriften �ber die B�ndnisbrecher zu lesen. Also schrieb er an das Universale

Haus der Gerechtigkeit und bat: �K�nnen Sie mir bitte die Erlaubnis geben, diese Schriften �ber

die B�ndnisbrecher zu lesen?� Das Haus der Gerechtigkeit schrieb zur�ck und sagte: �Es ist Ihnen

doch nicht verboten, Schriften �ber die B�ndnisbrecher zu lesen; es wird davor gewarnt, da� es

sehr gef�hrlich ist, aber es ist nicht verboten, also k�nnen wir Ihnen die Erlaubnis gar nicht ge-

ben.� Er schrieb zur�ck: �Ja, ich wei� dies alles, aber bitte geben Sie mir die Erlaubnis.� Also

schrieb das Haus der Gerechtigkeit wiederholt, indem es seine fr�here Anwort wiederholte. Er

wollte nicht hinnehmen, da� die Verantwortung bei ihm selbst lag. Es war eine Gefahr f�r seine

Seele, wie h�tte also das Haus der Gerechtigkeit ihm sagen k�nnen: �Es ist Ihnen erlaubt, sich

der Gefahr auszusetzen�? Es gab kein Verbot, er mu�te f�r sich selbst beurteilen: �Ist es notwen-

dig, dies zu tun, oder ist es das nicht? Kann ich mich in die Gefahr begeben oder kann ich es

nicht?� Es gibt viele Bereiche unseres t�glichen Lebens, wo wir diese Verantwortungen selbst �-

bernehmen m�ssen.

Die �bung des eigenen Verstandes und die Anwendung des eigenen Urteilsverm�gens beim Be-

folgen eines Gesetzes und von Anweisungen sind aber auch Wege der G�ttlichen F�hrung. Ich

war zutiefst beeindruckt von einer Sache, auf die die Hand der Sache Gottes Paul Haney einmal

Bezug nahm. Er sagte, er habe manchmal, wenn das Universale Haus der Gerechtigkeit ihn bat,

eine Aufgabe auszuf�hren, zun�chst weder die Weisheit erkannt, die darin lag, noch habe er ge-

wu�t, wie er diese Aufgabe bewerkstelligen solle. Trotzdem begann er im Vertrauen auf die G�ttli-

che F�hrung, die dem Haus der Gerechtigkeit zuteil wird. Und er erkannte, da� sich mit jedem

Schritt, den er vorw�rtsging, eine T�r �ffnete und die weiteren Schritte klarer wurden. Am Ende

wu�te er, da� er bef�higt wurde, das zu erreichen, worum er gebeten worden war. Und er erkann-

te auch den Grund f�r diese Aufgabe. Dies ist ein ideales Beispiel f�r Gehorsam, Glauben, Weis-

heit und Urteilsverm�gen.

Der Proze�, die Verantwortung f�r sich anzunehmen, die eigene Unzul�nglichkeit zu erkennen,

eine Quelle der Autorit�t zu suchen und anzuerkennen und dabei die Manifestation Gottes zu fin-

den, Seine Lehren zu verstehen und die eigene Intelligenz zu nutzen, diese Lehren anzuwenden,

sind wesentlich f�r die Entwicklung der individuellen Seele und bef�higen sie, ihr Ziel zu erreichen,

das da lautet, in Harmonie mit der Absicht Gottes zu gelangen und in absolutem Gehorsam ge-

gen�ber Seinen Pl�nen zu leben.

Um einiges wichtiger ist Gehorsam in diesem Zusammenhang f�r das Wohlergehen und die Ent-

wicklung der gesamten Menschheit. In allen Teilen der Welt flehen die Menschen um Freiheit. Und

dieses Streben nach Freiheit und den materiellen G�tern dieser Welt f�hrt zu Konflikten und Krie-

gen, die die Zerst�rer von Freiheit und Wohlergehen sind. Nur die F�hrung Gottes und Ba-

h�u�ll�h�s System des vereinten und willentlichen Gehorsams der einzelnen Seele gegen�ber

Seiner F�hrung, f�hren die Menschen wie eine Br�cke �ber die abgrundtiefe Zersplitterung und

das Chaos hin�ber zu der Seligkeit des K�nigreiches Gottes auf Erden. Und dann werden alle

Menschen die Wahrheit in den Worten Bahau�ll�h�s erkennen:

Die Freiheit, die euch n�tzt, ist nirgendwo zu finden au�er in vollkommener Dienstbarkeit vor Gott,

der Ewigen Wahrheit. Wer ihre S��e kostet, wird es verschm�hen, sie gegen alle Herrschaft der

Erde und des Himmels zu tauschen.
(I&S, S.43)
Gehorsam 26 Juli 1991
Programm Geistige Bereicherung
Literaturverzeichnis
AB Der B�b, Eine Auswahl aus Seinen Schriften
�L Bahau�ll�h, �hrenlese

BA Baha Administration: selected Messages 1922 - 1932 (Wilmette: Baha Publishing Trust, 1980)

BOT Bahau�ll�h, Botschaften aus Akka
GL G�ttliche Lebenskunst

I&S Inhalts�bersicht und systematische Darstellung der Gesetze und Gebote es Kitáb-i-Aqdas, Haifa,

Job Das Buch Hiob,

LG Hornby, Helen, comp. Lights of Guiance: A Baha Reference File, rev. ed. (New Dehli: Baha Publis-

hing Trust, 1988)
VW Verborgene Worte (Arabisch)

Vertiefung: Ansprache von Ian Samle �ber Gehorsam im Weltzentrum am 26. Juli 1991

Hamburg, den 12.06.2003 Datei: D:\Winword2\BASTU\Gehorsam-Ian.doc Seite: 2 von 15


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