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Ridvan Botschaften : 1989-146BE
Das Universale Haus der Gerechtigkeit
Ridvan 1989 / 146BE
An die Bahá’í der Welt
Innig geliebte Freunde,

Der geistige Strom, der die Internationale Bahá’í-Tagung während des letzten Ridvan-Festes so wirkungsvoll e- lektrisierte, ist jetzt durch die gesamte Weltgemeinde gegangen und hat ihre Mitglieder im Osten wie im Westen zu heldenhaften Tätigkeiten und zu Errungenschaften in der Lehrarbeit wie nie zuvor in einem einzigen Jahr aufer- weckt. Allein das hohe Niveau der Neuerklärungen bestätigt dies: Fast eine halbe Million neuer Gläubiger wurden bis jetzt gemeldet. Ins Auge springen Namen so weit auseinanderliegender Länder wie Indien und Liberia, Bolivien und Bangladesch, Taiwan und Peru, die Philippinen und Haiti, wenn wir nachdenken über die sich häufenden Be- weise des Eintritts in Scharen, zu dem unsere Botschaft im vorigen Jahr aufgerufen hatte. Diese Beweise sind hoff- nungsvolle Vorzeichen einer künftigen weiteren Beschleunigung, in die alle nationalen Gemeinden ungeachtet des derzeitigen Standes ihrer Lehrbemühungen letztlich einbezogen sein werden.

Mit Gefühlen demütiger Dankbarkeit und gehobener Erwartung schauen wir auf die erstaunlichen Entwicklun- gen in einem so kurzen Zeitraum zurück. Eine dieser Entwicklungen war die Annahme des Architektenentwurfs von Fariburz Sahba für die Terrassen unter dem Schrein des Báb - ein neuer Schritt zur Verwirklichung der Vision des Meisters und des Hüters für den Stufenweg, auf dem die Könige und Herrscher den Hang des Berges Karmel em- porsteigen werden, um an der Ruhestatt von Bahá’u’lláhs Märtyrer-Herold zu huldigen. Weitere Entwicklungen umfassen: die Annahme des von einer Anzahl Bahá’í aus 'Ishqabad unterbreiteten Antrags auf Wiedererrichtung des dortigen Geistigen Rates durch die Moskauer Zentralbehörden; die Einleitung von Schritten zur Eröffnung eines Bahá’í-Informationszentrums in Budapest als erste derartige Vertretung des Glaubens im Ostblock; die Errichtung einer Zweigstelle des Büros für öffentliche Information der Internationalen Bahá’í Gemeinde in Hongkong als Vor- bereitung auf die Zeit, da der Glaube im chinesischen Mutterland verbreitet werden kann.

Ebenfalls herausragend unter diesen Entwicklungen waren die erfolgreiche Mitwirkung der Internationalen Ba- há’í-Gemeinde an der Patenschaft für das Programm »Künste für die Natur« in London zugunsten der Arbeit des »World Wide Fund for Nature«; die Genfer Unterzeichnung eines Abkommens über die Errichtung formaler Ar- beitsbeziehungen zwischen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Bahá’í-Gemeinde; die offizielle Billigung eines Bahá’í-Lehrplans für Schulen im australischen New South Wales; der unermeßliche Be- sucherstrom am Tempel in Neu-Delhi, der auf etwa vier Millionen seit der Einweihung dieses Gebäudes im Dezem- ber 1986 angewachsen ist und eine ungewöhnliche Zahl hoher Regierungsbeamter und anderer prominenter Persön- lichkeiten aus vielen Ländern einschließt, darunter China, die Sowjetunion und andere Ostblockländer. Mit den vielen anderen Glanzpunkten dieses einen Jahres fließen die genannten Entwicklungen zu einem Gesamtregister der bisherigen Errungenschaften des Sechsjahresplanes zusammen, das ein dynamisches Bild beschleunigter Aktivität in der ganzen Bahá’í-Welt wiedergibt.

Niemand kann diesen wundersamen Fortschritt erwähnen, ohne den geistigen wie gesellschaftlichen Impuls an- zuerkennen, der durch die unseren iranischen Mitgläubigen mit grausamen Exzessen zugefügte, nunmehr zehnjähri- ge Verfolgungszeit entstanden ist. Erst in der Zukunft werden die vollen Konsequenzen ihres Opfers erkannt wer- den, aber seinen Einfluss auf die außerordentlichen Erfolge bei der Proklamation des Glaubens und beim Aufbau guter Beziehungen zu Staatsbehörden und zu den wichtigsten Nicht-Regierungs-Organisationen auf der ganzen Welt können wir klar erkennen. Mit hocherfreuter Dankbarkeit verkünden wir deshalb die Freilassung der großen Mehrzahl der gefangenen Bahá’í im Iran. Bei aller Freude können wir aber nicht vergessen, dass die volle Befrei- ung der iranischen Bahá’í-Gemeinde und die umfassende Sicherung der Menschenrechte ihrer Mitglieder noch aus- stehen. In der Freude dieses Augenblicks entbieten wir den beiden zu diesem Ridvá-Fest neu gebildeten Nationalen Geistigen Räten ein herzliches Willkommen: Der eine ist Macau in Südostasien, der andere Guinea-Bissau in Westafrika.

Im wirren Düster der heutigen gesellschaftlichen Lage erkennen wir den fernen, schwachen Schimmer einer langsamen und doch bestimmten Annäherung an den Höhepunkt der drei parallelen Prozesse, die unser geliebter Hüter vorausgeschaut hat: das Sichtbarwerden des Geringeren Friedens, die Errichtung der Gebäude am Bogen auf dem Berg Karmel und die Entwicklung der nationalen und örtlichen Geistigen Räte. Tatsächlich ist uns dieser im- mer noch so weit entfernte Schimmer während des ganzen Sechsjahresplanes, in dieser vierten Epoche des Gestal- tenden Zeitalters, vor allem aber im jüngst verflossenen Jahr immer näher gekommen. Wer hätte sich selbst zu Be- ginn dieses Planes den plötzlichen Bewusstseinswandel vorstellen können, der politische Führer an besonders unru- higen Plätzen dieses Planeten dazu bewegte, scheinbar fest gemauerte Positionen zu verlassen - einen Wandel, der die Leitartikler in den letzten Monaten zu der Frage veranLasste: »Bricht der Frieden aus?« Jeden Beobachter, der sich des göttlichen Quells solcher Ereignisse bewusst ist, muss die Entwicklung sicherlich ermutigen, obwohl die genauen Umstände für die Errichtung des Geringeren Friedens uns unbekannt sind; selbst die genaue Zeitfolge ruht verborgen in Gottes Großem Plan.

Die beiden anderen Prozesse sind jedoch unmittelbar von dem Ausmaß beEinflusst, in dem die Anhänger Ba- há’u’lláhs ihre klar vorgezeichneten Aufgaben erfüllen. Wir haben allen Grund, uns ein Herz zu fassen. Sind nicht die Architektenentwürfe für die verbliebenen Bauten am Bogen angenommen worden? Sind nicht die Detail- planungen für ihre Verwirklichung als herrliche Monumente in Angriff genommen? Waren wir nicht Zeugen der wachsenden Kraft nationaler wie örtlicher Geistiger Räte bei ihrem Geschick, Pläne zu entwickeln und auszufüh- ren, bei ihrer Fähigkeit, mit Staatsbehörden und gesellschaftlichen Organisationen zu verkehren, öffentliche Anfra- gen an ihre eigenen Dienste zu beantworten und mit anderen bei Projekten der sozialen und wirtschaftlichen Ent- wicklung zusammenzuarbeiten? Werden diese Räte nicht bestärkt durch die wachsame, liebevolle Hilfe der konti- nentalen Berater, der Hilfsamtsmitglieder und ihrer Assistenten, deren keimende Kräfte auf so fähige Weise vom Internationalen Lehrzentrum koordiniert werden - einer Institution, deren verstärkter Kreis von Mitgliedern bereits eine Begeisterung, eine Vision und eine Wendigkeit an den Tag legt, die lebhafte Bewunderung hervorrufen?

Aber erliegen wir nicht der Versuchung, bei den positiven Aspekten unseres Fortschritts zu verharren! Wir soll- ten uns von unseren Errungenschaften eher anspornen lassen, als uns darauf auszuruhen. Lassen Sie uns deshalb weiterhin unbeirrt und vertrauensvoll die großartigen Möglichkeiten ergreifen, welche das Gemisch jener weiter sich entwickelnden Prozesse und Ereignisse für die Umsetzung der Nahziele unserer heiligen Sache bereithält. Die- se Nahziele sind in der Tat unter den Hauptaufgaben des Sechsjahresplanes bezeichnet. Die zweite Hälfte dieses Planzeitraums beginnen wir jetzt, voll bewusst, dass das Heilige Jahr 1992 - 1993 mit seinen bedeutsamen Gedenk- veranstaltungen in nicht zu ferner Zukunft anbrechen wird.

In Verbindung mit der immer weiter ausgreifenden Lehrarbeit müssen wir bei Projekten von entscheidender Be- deutung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln fortfahren. Fortgesetzt werden die Vorarbeiten für die englische Ausgabe des Kitáb-i-Aqdas, des Mutterbuches der Bahá’í-Offenbarung. Für angemessene Gedenkfeiern im Heili- gen Land zum hundertsten Jahrestag des Hinscheidens Bahá’u’lláhs müssen schon heute Vorkehrungen getroffen werden. Die Planungen für den Weltkongreß 1992 in New York rücken im Arbeitsprogramm immer näher. Des weiteren muss der völligen Beseitigung des Analphabetentums aus der Bahá’í-Gemeinschaft systematische Auf- merksamkeit geschenkt werden, macht diese Errungenschaft doch über alle anderen Maßnahmen hinaus Gottes heiliges Wort allen Freunden zugänglich und stärkt sie in ihren Anstrengungen, ein Bahá’í-Leben zu führen. Des- gleichen muss die Unterstützung von Bemühungen, die Umwelt durch Verfahren im Einklang mit dem Lebens- rhythmus unserer Gemeinschaft zu bewahren, mehr Bedeutung für die Bahá’í-Tätigkeiten gewinnen.

Für die Vorhaben am Berg Karmel ist das Amt eines Projektmanagers geschaffen worden; ein Stab von Techni- kern wird zur Zeit zusammengestellt. Geologische Untersuchungen der Gelände für die geplanten Bauten des Bo- gens sind eingeleitet - eine Voraussetzung für die Erdarbeiten, auf deren Beginn die ganze Bahá’í-Welt wartet. So benutzen wir diese Gelegenheit, Sie davon in Kenntnis zu setzen, wie dringend die erforderlichen Mittel bereitge- stellt werden müssen, damit die Bauarbeiten begonnen und dann zügig fortgesetzt werden können.

Allen diesen Anforderungen muss und wird sicherlich dadurch genügt werden, dass jedes gewissenhafte Mitglied der Gemeinschaft Bahás sich erneut dem Dienst an Seiner Sache weiht und sich vor allem persönlich für die Lehr- arbeit einsetzt. Die Lehrarbeit ist von so hoher Bedeutung als sichere Erfolgsgrundlage für alle Ba- há’í-Unternehmungen und für die Förderung des Eintritts in Scharen, dass wir uns bewegt fühlen, Ihnen ein nach- drückliches Wort zur gründlichen Erwägung zu unterbreiten: Es genügt nicht die Bahá’í-Botschaft zu verkünden, so wichtig dies auch ist. Es genügt nicht, die Bahá’í-Mitgliederzahlen in die Höhe zu treiben, so lebensnotwendig das auch ist. Seelen müssen verwandelt, Gemeinden dadurch gefestigt, neue Lebensmodelle auf diese Weise geschaffen werden. Die Verwandlung ist die eigentliche Absicht der Sache Bahá’u’lláhs, liegt aber im Wollen und Bemühen des einzelnen Gläubigen beschlossen, der sie im Gehorsam gegen das Bündnis erreichen muss. Notwendig für den Fortschritt dieser alles Leben erfüllenden Verwandlung ist die Erkenntnis des Willens und der Absicht Gottes durch das regelmäßige Lesen und Studieren des heiligen Wortes.

Geliebte Freunde! Die Schwungkraft aus den Errungenschaften des vergangenen Jahres teilt sich nicht nur durch die Gelegenheiten zur merklichen Ausweitung der Sache Gottes mit, sondern auch durch eine Fülle von bedeutungs- schweren, eindrucksvollen, mannigfachen Herausforderungen, die in ihrer Verknüpfung unsere geistigen und ma- teriellen Hilfsquellen über jedes bisherige Maß hinaus beanspruchen. Wir müssen bereit sein, ihnen zu antworten. Zur Halbzeit des Sechsjahresplanes sind wir jetzt an einem historischen Wendepunkt voll Hoffnungen und Möglich- keiten angelangt - einem Punkt, an dem sich bedeutsame Trends in der Welt genauer auf die Grundsätze und Ziele der Sache Gottes ausrichten. Gewaltig ist darum die Notwendigkeit für unsere Gemeinde, die Erfüllung ihrer welt- umspannenden Mission voranzutreiben.

Unsere erste Antwort muss das Lehren sein - uns selbst zu lehren und andere zu lehren, auf allen Ebenen der Gesellschaft, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und ohne jeden Verzug. In einer Ermahnung zum Lehren sagte unser geliebter Meister: »Erst wenn die Kerze entflammt ist, kann sie ihren Schein verbreiten. Erst wenn das Licht erstrahlt kann sein Glanz das Dunkel der Umgebung vertreiben. So gehet denn hinaus und entzündet die kalten Kerzen!«

Unsere treue Liebe, unsere unentwegte Ermutigung, unsere ständigen, innigen Gebete begleiten Sie, wohin Sie auch gehen und was Sie auch tun, um unserem geliebten Herrn zu dienen.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit

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